Nachfolgend die Dokumentation über unsere Bachforellen-Projekt „Leopold“. Dieses wird sich bis in den Frühsommer 2025 ziehen, solange bis die letzten Brütlinge unser „FischLab“ verlassen haben. Die Bachforelle (Salmo trutta) ist in Europa „gefährdet“. Die Aussage mag überraschen, denn diese Art ist über Europa und Westasien weit verbreitet. Auch scheint die Bachforelle (noch) nicht auf den klassischen „Roten Listen“ der gefährdeten Arten auf. Mit dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren entwickelten sich in den großen Flusssystemen Europas genetisch unterschiedliche Bachforellenlinien. Der in den Gewässern des Salzkammergut heimische Donau-Traun-Typus droht auszusterben und wertvolle biologische Ressourcen drohen zu verschwinden. Auch durch über 150 Jahre Fischzucht im Salzkammergut und genau so lange Besatzmaßnahmen haben dazu beigetragen, dass es genetisch sowieso nur an unsere Bäche und Gewässersystem angepasste „Mischkulanzen“ gibt, die sich etwpliert haben und in den verbleibenden Gewässern behaupten. Wie wir die letzten 40 Jahre feststellen müssen, wird ihr Lebensraum immer weiter zurückgedrängt und auch diese verbleibenden Bäche sind stark verbaut und immer mehr kommt eine Wasserverknappung in den Trockenperioden dazu und reduziert deren Rückzugsgebiete.
Besatzüberlegungen
Der Spielraum zur Verbesserung unserer Fischbestandes in den Hauptgewässern im Salzkammergut ist
schmal. Die Fragen reduzieren sich zu oft auf „Was soll besetzt werden?“. Eine Frage die sich schon alleine wegen des Mangels an geeigneten Besatzfischen nicht so einfach beantworten lässt. In der Regel werden als Besatzfische Speisfische angeboten. Es gibt nur noch wenige Fischzüchter die den Aufwand und die Voraussetzung für „gute“ Besatzfische haben. Die Bereitschaft von den Bewirtschaftern zu investieren ist durchaus vorhanden. In großen Teilen wurde von den Bewirtschaftern unserer Fließgewässer-Reviere auf Besatz mit neuen Methoden, wie Cocooning oder Artificial Nest und ggf. Besatz mit Brütlingen umgestellt, um bzgl. Prädatoren Druck einen möglichst naturnahen Fischbestand aufzubauen. Nach wie ist meine Empfehlung: „Bevor man Speisefische aussetzt, sollte man das dieses Geld besser auf das Fischereirevier-Konto überweisen“! Damit ruiniert man weniger, es wird Sinnvoll in die Entwicklung unserer lokalen Fischarten investiert, es werden keine Viren und Krankheiten eingeschleppt und man forciert nicht zusätzlich die Verbreitung von Prädatoren.
Weiters wollen wir mit unseren Besatzmaßnahmen eine Ausweitung der „heimischen“ Bachforellen Population auf weitere Gewässer, um damit eine Risikostreuung und eine Vergrößerung der Bestände zu bekommen.
Welche Bachforellen brauchen wir?
Die hohen Wiederfänge dieser autochthonen Bachforellen im Gebirgsbach sprechen dafür, dass diese Fische Eigenschaften verfügen, die ihnen das Leben unter extremen Umweltbedingungen ermöglicht. Ein beachtlicher Teil der Fische konnte selbst durch starke Hochwasserereignisse im Gebirgsbach nicht abgetrieben werden. Siehe auch Langbathbach, in dem 2022 Bestandsaufnahmen gemacht wurden und ein Bachforellenbestand, je nach Befischungsstelle zwischen 58 Kg/ha bis 81 Kg/ha an Biomasse nachgewiesen wurde. Diese Fische zeigen eine hohe Standorttreue in einem extremen Lebensraum, trotz Hochwässer und einer starken Prädatoren Präsenz.
Laichfischfang Langbathbach
Vorrangiges Ziel für uns ist die Erhaltung von lokalen Bachforellen-Stämme, die sich in unseren Bächen bereits bewährt haben und sich in diesen selbst reproduzieren, um mit diesen fischleere Bäche, oder Bäche die durch Umwelt Ereignisse keine Beständen aufweisen, beim Bestandsaufbau zu unterstützen. Damit soll das Vorkommen in ihrem angestammten Gewässer verstärkt werden. Damit soll auch sicher gestellt werden, dass von diesem Stamm ausreichend Elterntiere für Nachzuchten zur Verfügung stehen.
Im Langbathbach haben wir einen recht guten Bachforellenbestand, den wir für unsere Nachzucht nutzen wollen. Idealerweise werden die Elternfische zur Laichzeit gefangen und vor Ort abgestreift. Der Laich wird sofort befruchtet und dann in unseren Bruthaus in der Miesenbachmühle ausgebrütet. Dabei gibt es
nur ein Problem: Die Laichzeit der Bachforelle liegt im Spätherbst, Ende November bis Mitte Dezember, wenn viele Gebirgsbäche nur noch schwer erreichbar sind. Aus diesem Gesichtspunkt ist der Langbathbach interessant, da er direkt neben einer Straße recht gut zugänglich ist. Bei unseren ersten Versuch konnten wir zumindest 10 Laichfähige Milchner abfischen, die wir in unserer Fischzuchtanlage zwischenhältern.
Befischungsstelle am 5. November 2024
Für den Langbathbach haben wir eine bestehende Laichfischfanggenehmigung von der OÖ. Landesregierung, Geschäftszeichen LFW-2024-116113/7-Eb, vom 3.9.2024
Insgesamt wurden etwa 200 m des Langbathbaches befischt. Mit einer Polstange wurden vielversprechende Bereiche nach potentiellen Laichfischen abgesucht. Insgesamt wurden 118 Fische gefangen (ausschließlich Bachforellen). Abgesehen von 10 Milchnern, die für Zuchtzwecke entnommen wurden, haben wir alle Fische wieder frei gelassen. Die für die Weiterzucht vorgesehenen Individuen wurden in einem mit Sauerstoff versorgten Behälter in eine nahegelegene Fischzuchtanlage gebracht und werden nach dem Abstreifen, wieder zurück in ihr Heimatgewässer entlassen.
Insgesamt zeigte sich, dass es zwar einige Fische im Bestand gibt (0+), die Mehrheit der Fische allerdings älteren Kohorten zuzuordnen sind (siehe Grafik). Ein Grund dafür könnte das Hochwasser im September dieses Jahres sein (HQ5). Durch die starke Verbauung des Gewässers kann eine Rückwanderung abgedrifteter Fische flussauf ausgeschlossen werden. Alle Fische machten einen gesunden Eindruck. Da es in dem Gewässer seit Jahren keinen Besatz gibt, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um eine sich selbst erhaltenden Bachforellenpopulation handelt.
Die Milchner sind durchwegs schon „reif“ für die Befruchtung, jedoch konnten wir noch keine reifen Rogner fangen. Vermutlich sind wir noch um 2-3 Wochen zu früh. Für die Fischzucht ungeeignete Fische, ohne ersichtliche Geschlechtsreife haben wir im Gewässer gelassen.
Fischbesatz
In weiterer Folge werden mit unseren Besatzmaßnahmen fisch los geworden Bäche besetzt. Dabei handelt es sich um Gewässer, wo schon Fische vorkommen sind und wo die Fische auch gut gedeihen können. Zumindest sollte es historische Aufzeichnungen geben, in denen ein Fischbestand in diesem Gewässer dokumentiert wird. Vor dem Aufbau einer Population mit autochthonen Forellen überprüfen wir diese Bachabschnitte mittels Elektrobefischung ob auch keine Bestände mehr vorhanden sind. Zum Erhalt von Beständen in ausgewählten Gewässern arbeiten wir mit dem Fischereiberechtigten zusammen, denn die Gewässer bei denen wir einen Bachforellen Bestand aufbauen, sind bis sich ein selbst reproduzierender Bestand entwickelt hat, auch keine Angelgewässer.
Geschlechterverhältnis
Das Verhältnis der Geschlechter bei Bachforellen weicht stark vom theoretisch erwarteten 1:1 Verhältnis ab und beträgt zumindest 3:2 (m : w), wenn nicht noch schlechter, zu Ungunsten der Rogner. Es sind vermutlich mehrere Ursachen dafür denkbar. Von Bedeutung ist sicher auch, dass sich die Geschlechter während der Laichzeit mehr oder weniger stark trennen, so dass sich zu den entsprechenden Zeiten an den Laichplätzen mehr männliche Tiere aufhalten und die weiblichen erst punktuell dazu kommen.
Was bei unseren Befischungen im Langbathbach auszuschließen ist, sind hormonelle Substanzen, die vor allem durch Haushaltsabwässer in die Flüsse gelangen und sich auf das Geschlechterverhältnis der Fische negativ auswirken. D.h. die Ursache für dieses Ungleichgewicht zwischen Rogner und Milchner ist wo anders zu suchen.
Im Bezug auf die gezeigte Alterspyramide der Bachforelle im Langbathbach sind jedoch genügend weibliche Tiere vorhanden, um den für dieses Gewässer ausreichenden Nachwuchs zu sorgen.
Prädatoren dezimieren Laichfischbestände
Geeignete Laichfische sind immer schwerer zu finden. Wir haben zwar die Möglichkeit auf Herkunftsgewässer ohne Besatzmaßnahmen in den letzten >5 Jahren zurückgreifen zu können. Jedoch wurde der Bestand an „großen Laichern“ (4+), sowohl Rogner als Milchner mit >40 cm durch den Fischotter stakt ausgedünnt und dadurch müssen wir verstärkt auf „Erstlaicher“ zurückgreifen, bei denen wir eine höheren Ausfallsrate in der Brutrinne haben. Bei Erstlaicher hatten wir im Laichjahr 22-23, 30% Ausfall.
Aufbau Laichfisch Bestand
Geeignete Laichfische sind unter diesen Umständen schwer zu finden. Für unsere periodischen Besatzmaßnahmen brauchen wir bei der Bachforelle ca. 100.000 bis 120.000 Eier pro Jahr. Da wir beim Laichfischfang, durch eine starke Fischotter-Präsenz nur noch kleiner Laichfische abfischen können, sind wir gezwungen hier einen Bestand in der Fischzucht vorzuhalten.
Muttertierstamm
Um produktive Rogner zum Abstreifen zu haben, müssen wir neben unseren Bemühungen Naturfische zur Laichzeit abzufischen, einen Rogner-Stamm mit heimischen Bachforellen in der Fischzucht hältern. Den mit den kleinen Wildfang-Rognern mit 25-30 cm, bekommen wir nur eine sehr geringe Anzahl Eier pro Fisch und damit erreichen wir kaum die gebrauchte Anzahl an Eier. Was nicht heißt, dass wir nicht größere Bachforellen-Rogner beim Laichfischfang, soweit verfügbar, natürlcih bevorzugen und mitnehmen.
Milchner
Da es bei den Bachforellen, nach unseren Beobachtungen einen Milchner-Überschuss gibt, haben wir mit deren Fang, wenig Probleme. Auch sind hier junge 3+ Milchner unsere Zielgruppe. Daher liegen unsere Bemühungen, um frische, „wilde“ Gene in unserem „Salzkammergut-Stamm“ zur Verfügung zu haben, beim Laichfische auf Milchner. Bei Milchner haben wir zusätzlich den Vorteil das die Laichreife über mehrere Wochen besteht und wir damit zur Befruchtung junge, spritzige Bachforellenjünglinge, mit unseren >4+ Rogner verwenden.
PS: Die gefangenen Wildfische werden alle nach dem Abstreifen bzw. nach der Besamung, wieder in ihre Stammgewässer ausgesetzt.
Monitoring der Zielgewässer
Ziel ist der Aufbau einer auf lange Zeit stabilen Population von Forellen autochthoner, lokaler Linien. Nachdem wir in einigen Gewässern bereits Besatzmaßnahmen mit autochthonen Bachforellen durchgeführt haben, ist eine Überwachung der Entwicklung der Bestände notwendig. Jedes Gewässer stellt mit seinen speziellen Bedingungen ebenso spezielle Anforderrungen an die darin lebenden Organismen. Hochwasserereignisse und im Besonderem das letzte September Hochwässer mit Geschiebetransport sind für Fischbrut und Jungfische die höchste Gefahr, denen diese Fische im Gebirge ausgesetzt sind. Mit gezielten Besatzmaßnahmen wollen wir ein Bachforellenbestand aufbauen, dessen Populationsaufbau unbeeinflussten Gebirgsbächen entspricht. Bei gleicher Vorgangsweise an verschiedenen Bächen können die Ergebnisse analysiert und untereinander verglichen werden. Von
Bedeutung sind nicht nur Überlebensrate, Wiederfang, Standorttreue und Wachstum, sondern vor allem das Reproduktionsvermögen und das Aufkommen von Brut und Jungfischen, die wiederum die Basis für einen sich selbst erhaltenden Bestand bilden.
Resümee und Referenzen
- Die hohen Wiederfänge der Bachforellen in Gebirgsbächen sprechen dafür, dass diese Fische über ausgezeichnete Eigenschaften verfügen, die ihnen das Leben unter extremen Umweltbedingungen ermöglicht.
- Ein beachtlicher Teil der Fische konnte selbst durch starke Hochwasserereignisse nicht abgetrieben werden. Speziell wenn sich der Geschiebeeintrag im Rahmen hält, haben sie gute Überlebenschancen.
- Eine hohe Standorttreue diese Fische selbst in rauester Umwelt konnte somit gezeigt werden.
- Der Aufbau und die Sicherstellung von Forellenbeständen der heimischen Bachforelle des Donau-Traun-Typus in ausgewählten, isolierten Gewässern ist eines unserer Ziele.
- Ziel ist der Aufbau einer auf lange Zeit stabilen Population von Bachforellen.
- Nachdem für viele unserer Bäche elektrische Befischungsdaten vorliegen und zum Teil auch bereits Besatzmaßnahmen mit autochthonen Bachforellen durchgeführt wurden, ist eine periodische Überwachung der Entwicklung der Bestände notwendig.
- Jedes Gewässer stellt mit seinen speziellen Bedingungen ebenso spezielle Anforderrungen an die darin lebenden Organismen.
- Hochwasserereignisse und im Besonderem Frühjahrshochwässer mit Geschiebetransport sind
für Fischbrut und Jungfische neben Kannibalismus die höchsten Gefahren, denen diese Fische im Gebirge ausgesetzt sind. - Mit gezielten Besatzmaßnahmen soll ein selbst reproduzierender Bachforellenbestand aufgebaut werden, dessen Populationsaufbau unbeeinflussten Gebirgsbächen entspricht.
- Bei gleicher Vorgangsweise an verschiedenen Bächen können die Ergebnisse analysiert und die Entwicklungen der einzelnen Populationen untereinander verglichen werden.
- Von Bedeutung sind nicht nur Überlebensrate, Wiederfang, Standorttreue und Wachstum, sondern vor allem das Reproduktionsvermögen und das Aufkommen von Brut und Jungfischen, die wiederum die Basis für einen sich selbst erhaltenden Bestand bilden.
Weitere Maßnahmen
- Generell wird mit Cocooning und Artificial Nest oder ggf. Brütlingen (0+) Fische gesetzt
- möglichst 2-3 Jahre hintereinander
- Kontrollbefischungen bzw. punktuelle Befischungen einmal jährlich bei Niedrigwasser.
- Beurteilung des Wachstums. (Konditionierungsfaktor)
- Kontrollbefischung unterhalb der Besatzstrecke (Standorttreue, bzw. wie gut halten sich die kleinen
Fische in der Besatzstrecke) - Temperaturaufzeichnung
- Ab dem 3. Jahr Kontrolle des Reifegrades bzw. Eintritt der Geschlechtsreife: Die Weibchen werden vermutlich erst im 4. Jahr reif!
- Ermittlung des Laichtermins
- Nach der Eiablage eine Kontrolle, ob Jungfische da sind.
- Aufzeichnung wann starke Hochwasserereignisse stattgefunden haben: Dies ist für die Interpretation
der Bestandsentwicklung notwendig.
Rechtliches Umfeld
OÖ. Fischereigesetz, §10 (2)
In einer Novellierung des OÖ. Fischereigesetzes ist enthalten, dass Besatzmaßnahmen generell nur mit heimische Wassertiere (§ 2 Z 5) verwendet werden, welche für die jeweilige Fischregion bzw. den Gewässertyp geeignet sind und aus seuchenhygienisch unbedenklichen Zuchtbetrieben stammen.
Laichfischfang – Sondergenehmigung
- Während der Schonzeit dürfen die geschonten Wassertierarten nicht gefangen werden.
- Der Bewirtschafter kann einen Antrag bei der OÖ. Landesregierung auf Laichfischfang stellen, um die Fischzucht mit Laich zu beliefern.
- Die Bewirtschafter haben den Bewilligungsbescheid bei Ausübung der Bewilligung mit sich zu führen und den Organen der öffentlichen Aufsicht auf Verlangen vorzuweisen.
Siehe: Elektrofischerei – Anzeige laut OÖ. Fischereigesetz auf der Seite von der OÖ. Landesregierung
Weitere Informationen
„Wer Fisch will fangen ohne Mangel, hantier nicht bloß mit Netz und Angel. Auch für das Wasser gilt der Reim: Erst säh, dann führ‘ die Ernte heim!“ Zitat von: Alois Weeder