FISCHEREILICHE SCHADENSBERECHNUNG NACH Dr. GÜNTER JENS

Die richtige fischwirtschaftliche Bewertung von Fischgewässern bereitet naturgemäß große Schwierigkeiten. Mit einem Leitfaden dafür, was bei einer Bewertung beachtet bzw. wie dabei vorgegangen werden sollte, ist ein wichtiges Nachschlagewerk für den Bewirtschafter und das Fischereirevier. Der Verfasser hat sich bemüht, alle fischereilich nutzbaren Gewässertypen zu erfassen und bei der Wertbestimmung nicht nur den Ertragswert, sondern auch den fischereilichen Wert zu berücksichtigen. Weiters geht er auch auf Pacht- und Kaufwert von Gewässern ein, der Schwerpunkt liegt jedoch auf der Schadensberechnungen bei Fischsterben. Auch wenn das zitierte Buch in der 1. Auflage aus dem Jahr 1969 und die 2. Auflage aus dem Jahr1980 stammt, sind die angeführten Erkenntnisse und Berechnungen, bis auf die angeführten Preise, zeitlich unabhängig zu sehen.

Supergau Fischsterben

Oft still und heimlich, werden komplette Fischbestände vernichtet. Die Verursacher zu finden ist oft nicht leicht und in weiterer Folge geht es um die Schadensfeststellung.

Wenn in einem Bach ein Fischsterben durch Abwassereinleitung, durch unbefugtes plötzliches Trockenlegen des Gewässerbettes oder durch sonstige Ursachen stattgefunden hat, dann ist es praktisch niemals möglich, die verendeten Fische aus der beeinträchtigten Bachstrecke zusammenzusammeln, den getöteten Bestand zu wiegen und in seiner alters mäßigen Zusammensetzung zu untersuchen. – Dann ist es in gewisser Hinsicht schon einfacher, eine elektrische Testfischerei zu veranstalten um festzustellen, wie groß der am Leben gebliebene Teil des Fischstandes ist. War der Bestand – evtl. durch früher durchgeführte Elektrofischereien – in seiner ursprünglichen Größe bekannt, so kann man sich ungefähr ein Bild über den Umfang des Schadens machen – aber eben nur ungefähr. Nachfolgend ein Auszug aus dem Kapitel „Schadensberechnung“ aus dem Buch „Die Bewertung von Fischgewässer“ von Dr. Günter Jens.

Ertragsfähigkeit

Da ist es dann schon exakter, ebenfalls vom Ertrag des Gewässers aus zugehen. Ein Fischereisachverständiger kann zu beinahe jedem beliebigen Zeitpunkt nach dem Fischsterben auf Grund der ja bestehengeblienen ertragswertbestimmenden Umstände die Ertragsfähigkeit ermitteln und danach seine Schadensberechnung aufmachen. Auch der gewissenhafte Leser des Buches „Die Bewertung von Fischgewässer“ von Dr. Günter Jens, im Paul Parey Verlag in mehreren Auflagen erschienen, kann es, sofern einer weiß, wie groß der Ertrag ist und keine Zwei daran bestehen, dass der Verursacher eines Fischsterbens verpflichtet ist das Gewässer wieder in den Zustand zu versetzen, in dem es sich vor der Schadensereignis befand. Der Fischbestand muss also auf die vorherige Höhe gebracht werden. Darüber hinaus muss der Nutzer des Gewässer selbstverständlich Schadensersatz für den entstehenden Fangausfall erhalten. Er kann ja die Fischerei in der Zeit, die bis zum Heranwachsens eines neuen vollkommenen Bestandes vergeht, nicht ausüben.

Schadensfeststellung

Die Schadensberechnung muß folgende Tatsachen berücksichtig Der Fischbestand des Baches umfaßt alle Altersklassen. Alle Altersklassen werden auch vom Fischsterben betroffen. Es ist in der Regel nicht möglich, den vernichteten Fischbestand des Baches einfach in der Weise wieder zu ersetzen, dass man alle Altersklassen in ihrem natürlichen Ver­hältnis kauft und auf einmal wieder einsetzt.

Lebensraum Bach

Ein Gewässer als Lebensraum ist nicht wie ein Haus, das abbrannte und nun einfach wieder aufgebaut wird, das mit Möbeln ausgerüstet wird und dann sogleich wieder uneingeschränkt nutzbar ist. Ein Bach ist inso­fern auch nicht mit einem Teich vergleichbar, aus dem die neu eingesetz­ten Fische nicht entweichen können. Der Neubesatz eines Baches muss sich buchstäblich neu einbürgern, und das geschieht nicht von heute auf morgen.

Aufbau eines Fischbestandes dauert Jahre

Fische müssen in ihren Lebensraum aufwachsen oder bei Besatz, förmlich hinein­wachsen und das kann es nur, wenn es in jugendlichem Alter oder bereits als „Ei“ in den neuen Lebensraum versetzt wird. Ebenso wie es wenig sinnvoll ist, ein unbeeinträchtigtes Gewässer mit bereits fangfähigen Fischen zu besetzen, nur damit man alsbald mit der Fischereiausübung beginnen könne – die Veteranen gewöhnen sich nicht ein, wenn sie nicht ohnehin gleich wieder herausgefangen werden, sie kümmern entweder dahin oder sie wandern ab, der Besatzerfolg jedenfalls ist gering, – ebenso ist es nicht sinnvoll, einen durch Fischsterben geleerten Lebensraum gleich mit Veteranen erfüllen zu wollen.

Die Regeln der Hege sind nämlich keineswegs nur von ethi­schen Motiven der Waldgerechtigkeit bestimmt. Ihnen liegen vielmehr (früher vielleicht nur instinktiv erfasst, heute aber durchaus bewiesene) ökologische Gesetzmäßigkeiten zugrunde.

Fischbestands-Aufbau-Schema

Besser als viele Worte verdeutlicht nachfolgende Abbildung, wie es um das Entstehen eines neuen Fischbestandes bestellt ist.

Schema der Wiederherstellung eines Fischbestandes für 1 Hektar Bach mit einer Ertragsfähigkeit von 100 Kg fangfähiger Fische pro Jahr.

Wenn es aber falsch ist, gleich wieder fangfähige Fische in ein beein­trächtigtes Gewässer auszusetzen, dann vergeht eben eine recht lange Zeit, bis die Setzlinge zur Fangreife herangewachsen sind, und in dieser Zeit des Heranwachsens entsteht der schon erwähnte Fangausfall. Mindestens drei Sommer braucht die Forelle, ehe sie fangreif ist.

Modellbach

Danach bereitet die Schadensberechnung dann keine logischen Schwie­rigkeiten mehr; sie läßt sich auf folgendes Grundschema reduzieren:

  • Der Berechnung ist der Modellbach zugrunde gelegt, wobei ein totales Fischsterben angenommen wurde. Hier sind fünf fangfähige Fische pro Kilogramm eingesetzt worden.
  • Der Geschädigte wird es immer wieder erleben, dass der Schädiger ihm – erschrocken über die Höhe des Schadens und der sich daraus ergebenden Forderung – entgegenhält, er, der Fischer, solle erst einmal beweisen, dass er so viele Fische gefangen habe. Ein solches Ansinnen geht am Kern der Sache vorbei.
  • Es kommt nämlich nicht darauf an, was der Geschädigte mit den Fischen im Bach gemacht hat, ob er sie gefangen oder im Wasser gelassen hat, sondern es kommt darauf an, wie viele Fische im Gewisser gewesen sind.
  • Wie weit der Fischereiberechtigte diese Ertrags Möglichkeit genutzt hat, spielt keine Rolle, entscheidend ist, dass diese Nutzungsmöglichkeit zunichte gemacht worden ist.
  • Der Schädiger kommt nicht darum herum, den ursprünglichen Zustand wiederherzu­stellen (Besatzmaßnahmen) und dem Geschädigten die Zeit bis zur leid­lichen Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes überbrücken zu helfen, indem er ihm den möglichen Fangertrag (Fangausfall) ersetzt.

Fangaufzeichnungen nützen in diesem Zusammenhang also nur dann etwas, wenn der Pächter seinen Bach wirklich intensiv bewirtschaftet und die Fangmöglichkeiten voll genutzt und nicht nur mal hier und da eine Forelle gefangen und im übrigen seine Freude am Leben im Bach gehabt hat.

Nicht immer „Totalausfall“

Glücklicherweise haben wir es nicht immer mit totalen Fischsterben zu tun. Je nach der Verdünnung oder dem natürlichen Abbau der verun­reinigenden Stoffe im Fließgewässer nimmt die Intensität des Fischster­sterbens in Fließrichtung ab. Die Intensitätsabnahme ist ihrerseits ebenfalls fließend. Zur Vereinfachung der Berechnung nehmen wir eine stufen­weise Minderung der Schadenshöhe an, wobei man die Gesamtstrecke in Zonen mit etwa 5/5; 4/5, 3/5, und 1/5 Totalschädigung einteilt oder man kann auch eine Drittelung vornehmen.

Für die Schadensberechnung bedeutet das, dass der Besatz so bemessen werden muss, dass der ehemalige Gesamtbestand wieder aufgebaut wer­den kann, damit die optimale Ertragsfähigkeit des Gewässers gesichert ist.

Abwanderungsschaden

Oft vergeht eine längere Zeit, bis der Neubesatz eingebracht werden kann, weil etwa im Zeitpunkt des Schadensereignisses Setzlinge nicht greifbar waren, oder weil dem Geschädigten einfach die Mittel zum An­kauf der Fische fehlten. In dieser Zeit wandern aus den stromaufwärts und stromabwärts sich anschließenden Gewässerstrecken Fische in den nun frei gewordenen Lebensraum wie in ein Vakuum ein. Das mindert zwar den Schaden in der beeinträchtigten Strecke, lässt aber in den ursprünglich unbeeinträchtigten Strecken einen „Abwanderung Schaden“ entstehen. Entsteht dieser Abwanderungsschaden noch in der Pachtstrecke des Geschädigten, so ist das nicht weiter schlimm, denn sein Neubesatz wird sich dann eben etwas weiter ausbreiten müssen, bis dahin nämlich, wo durch Abwanderung Bestandslücken entstanden sind. – Entsteht der Abwanderungsschaden jedoch in den Nachbarpachtstrecken, so werden auch die Nachbarpächter beeinträchtigt, obwohl der unmittelbare Abwasserschaden sich hier überhaupt nicht bemerkbar gemacht hatte. Der Nachbarpächter könnte nun also auch noch Schadensersatz Ansprüche gegen den Abwassersünder geltend machen. Das ist jedoch erfahrungsgemäß unzweckmäßig, weil der Nachweis des hier ent­standenen Schadens wesentlich schwerer ist als in der unmittelbar betrof­fenen Strecke. Der durch Abwanderungsverluste betroffene Nachbar kann deshalb nichts Besseres tun, als dem Hauptgeschädigten seine Ansprüche abtreten.

Besatzmaterial von Wildbeständen

Die wenigsten Salmoniden Züchter haben heute noch lokale genetischen Ressourcen in Form von Zuchtbeständen zur Verfügung. Von vielen wird das Eimaterial von spezialisierten Unternehmen aus Frankreich, Dänemark oder der Türkei zugekauft.

Auch werden von immer weniger Bewirtschaftern „fangfertige Besatzfische“ zugekauft, da verstärkt bei Besatz, soweit überhaupt erforderlich, per Cocooning, Artificials Nest oder mit Brütlingen erfolgreich durchgeführt wird. Damit hat die Führung von lokalstämmigen Salmonidenzuchtbeständen in der professionellen Fischzucht in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung verloren. Es gibt nur noch wenig Züchter die bei der Haltung ihrer Bestände gezielt auf die Beibehaltung von Fitness, Fruchtbarkeit, Freiheit von Deformationen und die Erhaltung genetischer Vielfalt achten und damit einen 0+ Besatz oder Eier im Augenpunkt, für das Ausbringen in natürlicher Gewässer geeignetes Material anbieten.

Weitere Informationen

Allen, die sich mit Fragen des Wasserrechtes und der Fischerei zu befassen haben, kann dieses Buch empfohlen werden. Das Buch bringt viele Anregungen und Anleitungen zur Wertschätzung von Fischwässern. Es ist jedoch nur noch gebraucht über Antiquariate erhältlich. Ich konnte noch beide Ausgaben für meine Bibliothek organisieren.

Wenn man das Buch kaufen möchte, muss man in den verschiedenen Antiquariaten suchen. Es gibt von Zeit zu Zeit angebotene Exemplare. https://www.zvab.com

Die Bewertung der Fischgewässer. Maßstäbe und Anleitungen zur Wertbestimmung bei Nutzung, Kauf, Pacht und Schadensfällen. Von Dr. Günter Jens. 2., neubearbeitete und ergänzte Auflage, 1980.
160 Seiten mit 50 Abb. und 36 Tab., 21,5 x 13,5 cm, Kartoniert.

Einer der schwerwiegendsten und besorgniserregendsten Verstöße gegen den erhalt unserer Wild-Fischpopulationen, ist das weitverbreitete Verirren und Besetzen von Zuchtfischen in unteren Gewässer. Dies geschieht, wenn in Zuchtbetrieben gezüchtete Fische, die als Lebensmittel bestimmt sind, in unsere Seen, Bäche und Flüsse ausgesetzt werden, wo sie sich mit Wildfischen vermehren. Wenn dies in einem Ausmaß geschieht, das das ein Maß überschreitet, untergraben Zuchtfische die Genetik der Wildfische. Zuchtfische (Speisefische), die sich mit Wildfischen vermehren, stellen erhebliche Herausforderungen für die Erholung unserer vom Aussterben bedrohten Wildfischpopulationen dar.
Der ökologische Schaden ist über die gesamte Stecke in der Ischl, aber auch an der Oberen Traun, ab der Einmündung der Ischl bis zum Traunsee enorm. Durch Feinablagerungen im Kies gehen wertvolle Laichhabitate verloren, der Lebensraum von Nährtieren wurden zerstört, mehrere Jahrgänge an Fischpopulationen sind ausgefallen. Es fehlen einerseits die laichfähigen adulten Fische und damit auch Fischlarven und Jungfische. Nebenbei war die Befischung der Revier für die Lizenznehmer stark eingeschränkt und führte bei den Revier Pächtern zu kritischen finanziellen Situationen.
Nachfolgend habe ich ein Gutachten aufgenommen, da es durch eine Bestandsaufnahme sehr schön den Fischbestand an der Goiserer Traun aus dem Jahre 1996 wiedergibt. Auch kann und soll es als Referenz bei derartigen Unfällen dienen. Unfälle mit Erdöl schädigen massiv unsere Ökosysteme. Bis sich betroffene Lebensräume nach einer Katastrophe wieder erholen, kann es viele Jahre und sogar Jahrzehnte dauern. Nachfolgend eine Nachlese zu dieser Katastrophe.
Heimo bei der Arbeit
Artikel ist in Arbeit
 

„Wenn ich drei Zauberwünsche frei hätte,

so würde ich mir als dritten wünschen, in jedem Gewässer alle Fische sehen zu können.“

Zitat von: Dr. Günter Jens