NEUES SALTZBURGISCHES KOCHBUCH anno 1719

In der österreichischen Küche gibt es einige bedeutende Kochbücher, die eine wichtige Rolle in der kulinarischen Tradition des Landes spielen. Diese Bücher bieten eine Vielzahl von Rezepten, die die regionalen und kulturellen Besonderheiten Österreichs widerspiegeln. Eines der bekanntesten Kochbücher mit enthaltenen Fischrezepte möchte ich mit diesen vorstellen.

Eine Rezeptauswahl aus der barocken Küche für alle Freunde der Essenskunst zusammengestellt vom Küchenmeister der Salzburger Erzbischöfe. Schon seit der Antike haben Köche und Gourmets sich daran gemacht, aufzuschreiben und anderen Liebhabern der Koch- und Esskünstler zu überliefern, was ihnen selbst geschmeckt hat und wie es zuzubereiten ist. Das war auch die Absicht Conrad Haggers, als er, der Küchenchef der Salzburger Erzbischöfe, 1719 war und das „Neues Saltzburgisches Koch-Buch“ herausgab. Conrad Hagger hatte eine gründliche Ausbildung in den verschiedensten hochherrschaftlichen Küchen Europas genossen und war dazu mit einer ausgesprochen kulinarischen Fantasie begabt und von seinen hohen Herren sehr geschätzt. Das heißt aber nicht, dass dieses Kochbuch nur barocke Kuriositäten enthält. Es bietet in einer vorzüglichen Rezeptauswahl für viele uns heute noch geläufigen Hausrezepte die schönsten und reizvollsten Varianten, die meist ebenso köstlich wie einfach herzustellen sind!

Neues Saltzburgisches Koch-Buch, Ausgabe von Hermann Bauer beim Residenz Verlag, Salzburg.

Mitteleuropa hatte einst eine sehr ausgeprägte Fischkochkultur. Im „Neue Saltzburgisches Kochbuchvon 1719 sind 450 Re­zepte dem Fisch gewidmet, ein knappes Fünftel aller im Buch enthaltenen Rezepte. Das ist eine beachtliche Menge, selbst wenn man bedenkt, dass bis ins 19. Jahrhundert sämtliche Wasser Bewohner und Weichtiere – also etwa auch Schnecken, Frösche, Biber und Fischotter – zu den Fischen gehörten und fleißig verkocht wurden. Zum Vergleich: In Plachuttas Die gute Küche sind we­niger als 50 von rund 1000 Rezepten dem Fisch gewidmet.

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Vor allem barocke Kochbücher gehen weit über das bloße Panieren, Braten oder Backen von Filets hinaus, die Vielfalt an Zubereitungsarten und verkochten Teilen ist erstaunlich: Da werden Karpfenschlunde gesotten, Äschen Mägen gekocht, Aalrutten- und Hechtlebern gebraten, Milchner paniert und die Schwimmblase des Hausen, des Königs der Störe, lieferte die begehrteste, weil feinste Gelatine für Sulze. Aus Flusskrebsen wurden nicht nur Saucen und Suppen, sondern auch Desserts gemacht. Daneben gab es aber auch vergleichsweise moderne Speisen wie Karpfen in Schwarzer Sauce oder Hechtpasteten.

Wildfangfische kamen vor allem aus der Donau und ihren fisch­reichen Zubringerflüssen wie Traun, March, Thaya und Kamp. Für das große Wien waren lange vor allem die ungarische Donau, der Neusiedler See und der Balaton die wichtigsten Wildfischlieferanten. Daneben entwickelte sich bereits ab dem 13. Jahrhundert eine große Teichwirtschaft, vor allem im heu­tigen Tschechien sowie im Wein- und im Waldviertel. Von hier wurden vor allem Karpfen an die Märkte geliefert.

Geht man nach der Anzahl an überlieferten Rezepten pro Fischart, dann dürften Hechte lange die beliebtesten Speise­fische gewesen sein, gefolgt von Karpfen, Huchen und später, im 19. Jahrhundert, dem Zander, der oft auch als Fogos oder Schill auftaucht – der Fokus auf Raubfische als geschätzte Speisefische hat also eine sehr lange Tradition. Auch heute ungewöhnlichen Wasserbewohnern sind eigene Rezepte gewid­met, etwa Grundeln, Neunaugen oder Schlammpeitzgern, im Wiener Dialekt auch „Bisgurn“ genannt.

Anders sah es bei der Menge an gefangenen und verkauften Fischen aus: Hier dominierte stets der Weißfisch, also reich­lich vorhandene Fische wie Brachsen, Nasen oder Rotfedern. Als weniger geschätzte Fische wurden ihnen allerdings viel seltener gedruckte Rezepte gewidmet – Kochbücher waren schließlich lange etwas für gehobene Haushalte.

Jede größere Stadt hatte einen eigenen Fischmarkt. In kleine­ren Orten kamen die Fischer freitags auf den Markt, um ihre Ware zu verkaufen, außerdem zogen fahrende Fischverkäufer durch die Dörfer. Dabei wurde eine viel größere Vielfalt an Süß­wasserfisch angeboten als in modernen Fischgeschäften.

In Wien wurden bis zu 19 verschiedene Donaufischarten verkauft, hinzu kamen Fische aus dem Neusiedler See, dem Balaton und auch den Salzkammergutseen. Wolfgang Schmelzl, Schul­meister des Schottenstifts, war 1548 vom Fischmarkt so beein­druckt, dass er dichtete: „von seltsam Fischen solche Menge, es war von Fischern groß Gedränge“. Auf dem kleineren Linzer Fischmarkt wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts sogar mehr als 30 verschiedene Arten Donaufisch gehandelt.

Die Tiere wurden vor allem lebend verkauft, weil die Käufer der Qualität toter Fische misstrauten: Lebende Fische waren daher stets teurer als tote. In Wien war der Verkauf toter Fische aufgrund hygienischer Bedenken sogar zeitweise verboten. Außerdem mussten die Fischhändler im Stehen verkaufen, um sie zu motivieren, ihre Geschäfte möglichst schnell abzu­wickeln. Die Fische wurden auf den Marktplätzen in Bottichen gehalten oder auf Märkten an Flüssen in Kaltern im Fluss, etwa am Wiener Fischmarkt im Donaukanal.

Gegessen wurde Fisch lange Zeit vor allem an Fast- bzw. Abs­tinenztagen (an denen kein Fleisch erlaubt war) – immerhin ein gutes Drittel aller Tage im Jahr – oder zu bestimmten Feierta­gen oder Anlässen wie Hochzeiten oder dem Totenmahl.

Das alles darf einen aber nicht täuschen: Frischer Fisch, auch jener aus heimischen Gewässern, war für viele Jahrhunderte vor allem eine Speise der Eliten. Edelfische wie Zander, Hecht oder Stör waren fast ausschließlich der feinen Gesellschaft vorbehalten. Eine Ausnahme waren die Fischer selbst und ihre Familien. Sie aßen regelmäßig und auch an Nicht-Fasttagen Fisch, oft jene Tiere, die sie nicht verkaufen konnten. Für den Großteil der Bevölkerung blieben, wenn überhaupt, nur die Weißfische wie Nasen oder Brachsen übrig, an Feiertagen mit­unter ein Karpfen.

Andererseits gelangte ein Großteil der Fische, die in den Flüs­sen, Seen und Teichen gefangen wurden, den vielen Fischmärk­ten zum Trotz gar nicht erst in den Verkauf. Fischereirechte und Fischteiche gehörten so gut wie immer adeligen Grund­herren oder Klöstern, ganz ähnlich wie die Jagdrechte in den Wäldern. Die Fischer arbeiteten oft als Leibeigene der Herr­schaft und selbst wenn sie selbstständig tätig waren, mussten sie einen beträchtlichen Teil ihres Fangs abliefern, der dann auf den Tischen des Klerus und Adels als Fastenspeise landete.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts ist die alte Süßwasserfischkultur fast völlig verschwunden.

Im Laufe des 20. Jahrhunderts ist die alte Süßwasserfischkultur fast völlig verschwunden. Der Niedergang hat viele Gründe – der wichtigste war wohl, dass in den zunehmend verschmutz­ten und verbauten Gewässern immer weniger Fisch gefangen wurde. Gelockerte Fastenregeln, viel weniger Fasttage, Billigfleisch und tiefgekühlter billiger Meeresfisch besorgten den Rest. Der Wiener Fischmarkt sperrte 1972 endgültig zu. Heute ist selbst ein Karpfen in Aspik eine Seltenheit geworden.

Wir finden: Es ist höchste Zeit, die Süßwasserfischkultur zu­rückzubringen.

Wir finden: Es ist höchste Zeit, die Süßwasserfischkultur zu­rückzubringen. Wir sind nämlich heute in einer dreifach glück­lichen Lage:

  • Erstens können sich mehr Menschen als je zuvor frischen Fisch leisten.
  • Und wer auch den Kopf, die Karkasse und die Innereien zu verkochen weiß, kann das uralte Problem des Fisches, dass er doch recht teuer ist, ebenfalls in den Griff bekommen.
  • Wer alles vom Fisch verkocht, bekommt leicht ein, zwei Mahlzeiten mehr aus einem Fisch heraus.
  • Zweitens zwingt uns niemand mehr, Fisch zu essen – wir müssen ihn nicht mehr als Fleischersatz an Fasttagen sehen, sondern können ihn einfach so genießen, weil er köstlich ist.
  • Wenn wir darauf achten, wo er herkommt, kann er außerdem das nachhaltigste tierische Protein von allen bieten:
  • Kein ande­res Speisetier hat eine so gute Ökobilanz wie ein gezüchteter Karpfen, der ganz ohne Fischmehl groß und köstlich wird.
  • Und drittens liegt niemandem das Wohl von Fischen und ihrem Lebensraum mehr am Herzen als den Fischern – ohne gesunde Bestände und ein intaktes Ökosystem verlieren sie ihre Grundlage.
  • Wenn wir regelmäßig und gern Fisch essen – und zwar nicht nur Raubfische, sondern viele verschiedene Arten – unterstützen wir sie und andere motivierte Fischer dabei, unsere Flüsse und Seen möglichst gut zu pflegen.
  • Damit die Fischkultur nicht noch einmal verschwinden muss.

Regionalität & Nachhaltigkeit

Der Trend zu heimischen Fischsorten und nachhaltiger Fischerei erfreut sich einer zunehmend größerer Beliebtheit. Immer mehr Menschen achten auf Regionalität und Qualität. Wer sich bekochen lassen möchte, hat in Salzkammergut eine große Auswahl an Lokalen, wer selbst Hand anlegen möchte bekommt frische Fische aus der Region von heimischen Fischzuchtbetrieben, bei den Seenfischern und in den Fischfachgeschäften.

Weitere Informationen

In den Salzkammergut Fischrestaurants kann man heimische Fische verspeisen.
 

„Die Geschichte der Menschheit kann nicht ohne die Fischerei gedacht werden.“

Zitat von Prof. DDr. Peter Löw