Still und heimlich, werden hier in den letzten Jahren zig tausend Kubikmeter Kubikmeter Schotter und Feinsedimente über die „Welle“ entsorgt. Eine Kettenreaktion, die hier durch einen kleinen Bach ausgelöst werden. Die Geschiebesperren die im hinteren Tal des Strobler Weissenbach liegen sind angefüllt mit Schotter, der jetzt in konzentrierten Form unsere Fischbestände an der Ischl und an der Oberen Traun unterhalb der Ischlmündung in die Traun, bis nach Ebensee massiv schädigt und in Bereich der Ischl vernichtet.
Salzburger Gewässer vernichtet Fische in O.Ö.
Der Strobler Weissenbach liegt im Gemeindegebiet von Strobl am Wolfgangsee. Hier bildet die Ischl die Grenze zwischen Salzburg und Oberösterreich. Damit ist auch der Strobler Weissenbach im Bundesland Salzburg und die in keiner Weise mehr natürliche und konzentrierte Schotterentsorgung erfolgt über den Strobler Werissenbach, der dann in die Ischl Mündung.
In einer vernetzten Welt, sind Gewässer schon seit jeher verbunden und kennen keinen Landesgrenzen. Auch wenn hier der Eindruck entstehen mag, dass es recht praktisch ist, ein Problem über die Landesgrenzen zu „entsorgen“ um dann nicht mehr zuständig zu sein. Ich gehe davon aus, dass wir mit den verantwortlichen eine Regelung der Schäden an der Ischl und an der Traun finden werden.
Kettenreaktion vernichtet Fische
Gleich nach der Mündung des Strobler Weissenbach befindet sich das Kraftwerk Weinbach, dessen Staubereich und Fischaufstieg mit den konzentrierten Geschiebsperren Entleerungen zugeschottert werden. Die zusätzlichen Stauraumspülungen beeinflusst die Ischl und die Traun bis Ebensee.
Der Sedimenthaushalt eines alpinen Gewässersystems bildet eine entscheidende Grundlage für dessen ökologischen und morphologischen Zustand. Gebirgsbäche stellen dabei das Bindeglied zwischen der Sedimentproduktion in den alpinen Einzugsgebieten und dem Sedimentbedarf der tieferliegenden Fließgewässer dar. Das war viele Jahre so und wir hatten damit kein Problem. Jetzt bekommen wir jedoch mit menschlichen und maschinellen Eingriffen, die volle Breitseite ab. Versäumnisse der Vergangenheit werden jetzt zum Schaden der Fischerei auf eine brutale Art und Weise gelöst.
Schotter Tsunami rollt über unsere Fischgewässer
11. September 2020 – Komplette Freilegung
Werkstattgrabensperre
Wie eine Begehung von unseren Fischereischutzorgan Günther Ritzberger, am Freitag 11. September 2020 ergeben hat, wurde nun auch die hintere Sperre geöffnet. So von der visuellen Abschätzung, was hier noch an Schotter Transport zu erwarten ist, müssen wir hier noch auf die zig fachen Menge von der Kammerbachsperre gefasst machen. Nachfolgend ein paar Fotos zu dieser dramatischen Situation, die uns fischereilich noch einiges an weiteren Schäden verursachen wird.
Verursacher „Illegale Geschiebesperren“?
Am Strobler Weißenbach, einem typischen Kalkschuttwildbach und Zubringer zur Ischler Ache, wurden nach Hochwasser- und Geschiebetransportereignissen in den 1970er-Jahren geschiebebindende Schutzbauwerke in Form von Schlitzsperren errichtet. Die Schlitze hatten das Ziel, die Feststoffe wie Geschiebe und Wildholz im Ereignisfall zurückzuhalten und bei kleineren Ereignissen wieder an den Unterlauf abzugeben. Verklausungen der Schlitze mit Wildholz/Totholz führten zu einem fast gänzlichen Rückhalt, wodurch sich die Verlandungsräume der Sperren immer mehr füllten.
Zur Optimierung der Gesamtsituation sind Kenntnisse über die Wildbachprozesse im Jahresgang sowie bei Extremereignissen notwendig, damit einerseits die schutztechnischen Grundbedingungen erfüllt sind und andererseits auch die ökologischen und sedimentologischen Anforderungen berücksichtigt werden. Ein umfassendes Monitoringprogramm soll Erkenntnisse über die verschiedenen Prozesse am Strobler Weißenbach liefern und verschiedene biotische (Habitate, Laichplätze, Fischbestand) und abiotische Faktoren (Durchfluss, Schwebstoffkonzentration, Geschiebetransport) erfassen. Die Erkenntnisse, die aus der Studie am Strobler Weißenbach gewonnen werden, sollen in weiterer Folge als Grundlage für die Entwicklung eines allgemeinen Feststoffmanagements für Wildbacheinzugsgebiete dienen.
Vermerk: Auf die Erkenntnisse, die hier gewonnen werden sind wir gespannt und hoffen, dass diese nicht wo anders als Referenz verwendet werden.
Projektgebiet und Ausgangslage
Der Strobler Weißenbach ist ein Zubringer der Ischler Ache und befindet sich in den Salzburger Kalkvoralpen. Das Einzugsgebiet (EZG) umfasst eine Fläche von 45,5 km2 und grenzt im Südosten an den schroffen Höhenzug vom Gamsfeld (2027 m) bis zum Rinnkogel (1823 m) (Bild 1). Aus Sicht der Geologie besteht das EZG im Wesentlichen aus gebanktem Dachsteinkalk und Ramsaudolomit.
Am Strobler Weißenbach wurden zur Verringerung von Geschiebeanlandungen im Zuge von Hochwasserereignissen in den 1970er-Jahren zwei große Schlitzsperren, die
- Kammersbachsperre und
- Werkstattgrabensperre errichtet.
Durch die Sperrenkonstruktion mittels Schlitz soll im Ereignisfall ein hydraulischer Rückstaueffekt erzeugt werden und somit die Geschiebe‑/Sedimenttransportkapazität stark verringern werden. Das mitgeführte Geschiebe wird im Stauraum abgelagert und bei kleineren und mittleren Hochwässern wieder in den Unterlauf abtransportiert.
Verklausungen des mitgeführten Totholzes bewirkten jedoch einen ständigen Verschluss für Sediment und Geschiebe, wodurch die oben angeführte Selbstentleerung nicht mehr möglich war und die Stauräume sukzessive verlandeten. Laut der Auskunft von Bachanrainern sorgte über längere Zeit ein Sperrenwart für die regelmäßige Freilegung der Schlitze, was eine teilweise Selbstentleerung ermöglichte und die Funktionsfähigkeit beider Schutzbauwerke sicherstellte. Mit Wegfall dieser Tätigkeit verlandeten die Rückhaltebecken zusehends. Durch die großen Sedimentmengen stellt die Beckenentleerung eine große Herausforderung mit hohem finanziellem Aufwand und ökologischer Beeinflussung für den Unterlauf dar. Da für Bemessungsereignisse eine ausreichende Stauraumkapazität notwendig ist, muss der Schlitz entweder maschinell freigelegt oder der Stauraum geräumt werden. Nicht nur die Räumung des Materials, sondern auch die Verwertung oder Deponierung ist mit Kosten verbunden und stellt die Interessenten (Räumungsverpflichteten) oft vor eine große technische und finanzielle Herausforderung. Worauf man sich entschloss, die über 50 Jahre angesammelten Schotter und Feinsedimente, in konzentrierter Form über „die Welle“ zu entsorgen.
Kolmatierung durch Schwebstoffe
Im Rahmen des natürlichen Sedimentkreislaufs werden Feststoffe aus den alpinen Einzugsgebieten (Erosionsgebiete) über Wildbäche und alpine Flusslandschaften talwärts in die großen Flusslandschaften transportiert (Umlagerungs- und Ablagerungsgebiete). Der Großteil des Feststofftransports erfolgt dabei in Form von Schwebstoffen. Schwebstoffe sind Feststoffteilchen (<0,7 mm), welche durch die im fließenden Wasser auftretenden Turbulenzen in Schwebe gehalten werden. Eine erhöhte Schwebstoffkonzentrationen hat unterschiedliche negative Auswirkungen auf die im Gewässer lebenden Organismen zur Folge haben. Mögliche Auswirkungen von erhöhten Schwebstoffkonzentrationen auf Salmoniden wurden von Bash et al. (2001) in folgende drei Kategorien unterteilt:
- (i) physiologische Auswirkungen (z. B. Kiementrauma, Veränderungen der Osmoseregulation und/oder des Blutchemismus, Änderung von Wachstumsraten),
- (ii) Auswirkungen auf das Verhalten (z. B. Ausweichen, Veränderung des Fressverhaltens aufgrund eingeschränkter Sichtweite) und
- (iii) Auswirkungen auf den Lebensraum (z. B. verringerte Durchströmung des Interstitials und damit einhergehende Unterversorgung von Fischeiern mit Sauerstoff, Abnahme an benthischen Invertebraten und somit Reduktion von Nährtieren).
Hinsichtlich der Gewässertypologie bzw. der Fischregion befindet sich der Strobler Weißenbach großteils im Epirhithral (Obere Forellenregion), wobei in etwa die letzten zwei Kilometer vor der Einmündung in die Ischler Ache als Metarhithral (Untere Forellenregion) einzustufen sind (NGP 2015, BMLFUW 2017). Aufgrund dieser Einstufung wurde „nur“ die Bachforelle (Salmo trutta fario) als maßgebliche Zeigerart ausgewählt und keine Rücksicht auf die unterliegenden Gewässer, wie die Ischl und die Traun genommen. Als ökologisch optimaler Zeitpunkt für eine Schlitzfreilegung an der Sperre wurden die Monate Juni bis September ausgewählt. Dabei wurde angenommen, dass die Zeit von Beginn der Laichzeit (Oktober) bis zum Ende des Larvenstadiums (Anfang Juni) die sensibelste Lebensphase für die Fortpflanzung der Bachforelle darstellt (Bild 2). Beide Schlitzfreilegungen wurden deshalb über mehrere Jahre, immer im September vor Beginn der Laichzeit durchgeführt.
Kolmatierung vernichtet Laichplätze
Elektrobefischungen begleiten das Projekt „Geschiebesperren-Entleerung“
2017 und 2018 waren noch Fische vorhanden. Die im Herbst 2020 geplanten Befischungen werden es zeigen, ob es noch Fische in den Referenzstrecken gibt. Wir sind auf die Ergebnisse gespannt.
Hier der Befischungsbericht aus der Studie:
Um mögliche Auswirkungen durch die an der Geschiebesperre gesetzten Maßnahmen (Totholzräumungen) auf die im Strobler Weißenbach vorkommende Fischpopulation dokumentieren bzw. bewerten zu können, wurden neben dem Monitoring der Schwebstoffkonzentration auch Watbefischungen gemäß der Gewässerzustandsüberwachungsverordnung (GZÜV, BGBI. II Nr. 479/2006 i. d. g. F.) durchgeführt. Dabei wurde zuerst in einem fischökologischen Premonitoring der Ist-Zustand der Fischfauna am 12.09.2017 mittels Elektrobefischung als Referenzzustand erhoben. Am 18.09.2018 fand eine zweite Befischung im Rahmen des Postmonitorings statt. Insgesamt wurde der Fischbestand in drei verschiedenen Teilstrecken des Strobler Weißenbaches erhoben. (Bild 1)
Befischungsergebnisse
Der Vergleich der Befischungsergebnisse zeigt an der Befischungsstelle 1 (BS1) einen Rückgang der Bachforellenbiomasse von 59,3 kg/ha auf 31,1 kg/ha.
Hingegen konnte in Befischungsstelle 2 (BS2) sowie in BS 3 eine Zunahme hinsichtlich der Biomasse im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet werden. Diese stieg in BS 2 von 33,7 auf 42,9 kg/ha und in BS 3 von 29,4 auf 34,2 kg/ha an. Betrachtet man die Längenfrequenzdiagramme der Bachforelle aus dem Jahr 2017 und 2018 für die BS_1, so zeigt sich eine Abnahme innerhalb der Gruppe von 0+ und 2+ Fischen. Die Anzahl der 1+ Fische liegt im Jahr 2018 jedoch etwas höher. Der stark ausgeprägte Jahrgang der 0+ Fische aus dem Premonitoring (2017) spiegelt sich somit im Folgejahr bei den dann bereits einsommerigen Fischen deutlich wider. Hingegen sind in BS_2 bei allen Altersstadien der Bachforelle Zunahmen zu verzeichnen. Die gefangene Individuenzahl erhöhte sich von 44 auf 78 innerhalb dieser Strecke. In der dritten Untersuchungsstrecke (BS_3) kam es zu einer deutlichen Abnahme der gefangenen 0+ Bachforellen. Im Bereich der 1+ Fische konnte hingegen ein Anstieg verzeichnet werden. Die Anzahl an gefangenen Individuen sank in BS_3 von 58 auf 43 (Bild 3)
In den beiden unten liegenden Befischungsstrecken 2 und 3 konnten sowohl im Jahr 2017 als auch im Jahr 2018 Koppen (Cottus gobio) gefangen werden. Obwohl den Kieslückenraum bewohnende Arten wie die Koppe durch die Elektrobefischung quantitativ schwer zu erfassen sind, zeigen die Längenfrequenzdiagramme beider Strecken ein ähnliches Bild im Jahresvergleich (Abb. 17). Außerdem kam es in beiden Strecken zu einer marginalen Zunahme bei der Anzahl gefangener Individuen (+2 bzw. +5).
Für die Interpretation der Daten aus BS_1 ist der Umstand maßgeblich, dass aufgrund eines (für Fische) unüberwindbaren Querbauwerks (Sohlstufe) unterhalb dieser Befischungsstelle (ca. 3 km) keine Einwanderung aus dem Unterlauf des Strobler Weißenbaches bzw. aus der Ischl erfolgen kann. Alle in BS_1 gefangenen Individuen waren somit sämtlichen Extremereignissen hinsichtlich der Schwebstoffkonzentration ausgesetzt.
Hochwasser Ende Juli 2019
Hochwassersituationen für alpine Fliessgewässer sind bei uns im Salzkammergut nichts Ungewöhnliches. Welche Änderungen Hochwasserereignissen auf Grund des Klimawandels für „Wildbäche“ im Salzkammergut bringen werden, ist abzuwarten. Wobei es solche Ereignisse auch die letzten hundert Jahre, dokumentiert des öfteren gegeben hat.
Die Hochwässer die wir in den letzten 20 Jahren im Salzkammergut hatten, hatten zu keine großen Ausfällen bei den Fischen geführt. Fische können sich auf solche Ereignisse gut einstellen.
Konzentrierten Entleerung der Schottersperren
Mit Hochwässern, haben wir in der fischereilichen Bewirtschaftung gute Erfahrungen gemacht. So haben unsere Fischbestände die Hochwässer im Jahr 2002 und auch im Jahr 2013, jeweils gut überstanden und der Fischbestand inkl. der Fischbrut (0+) und auch bei den Jungfischen (1+) kam es zu keinen grösseren Ausfällen. Fische können mit solchen Naturereignissen durchaus umgehen und sich darauf einstellen. Durch die Schotter -und Feinsedimente Konzentration, so wie wir diese durch die
- Öffnung der Schlitzsperren und
- den begleitenden anderen Bauarbeiten,
- sowie den Stauraumspülung der beiden Kraftwerke an der Ischl, verursacht wurden, hat zum Ausfall von 2-3 Jahrgängen an Fischbrut geführt. Besatzkonzepte, wie das Projekt „Retten die Äsche“ mit dem Ziel den Äschenbesatz an der Ischl aufzubauen und dem der Besatz zu stützen, wurde vernichtet.
Der Aufbau von Fischbeständen wird Jahre dauern….
Die Fischereibewirtschafter mussten Teichfische nachbesetzten um ihre Lizenznehmer bei Laune zu halten. Damit wurden Projekte mit dem Aufbau heimischen Fischstämmen, mit Cocooning und artificials nest vernichtet und der mühsame Aufbau von Fischbeständen verschiebt sich um Jahre. Die Kosten und Aufwände für einen natürlichen Populationsaufbau an der Ischl und anteilig auch an der Oberen Traun werden viel Zeit und Geld in Anspruch nehmen.
Auf der einen Seite der theoretische Ansatz lt. Studie, lt. Link, wie unten angeführt und auf der anderen Seite die Realität, wie sich diese heute darstellt. Solche Geschiebentleerungen kann man nicht isoliert über den betroffenen Bach sehen. Die Auswirkungen haben eine Kettenreaktion an weiteren Baggerarbeiten, bis hin zu Stauraumspülungen geführt, mit der Konsequenz, dass die 4,5 Millionen Euro, die in die Schaffung einer Durchgängigkeit für Fische und für Wassertiere geschaffen wurde, jetzt die „Nutzer“ fehlen, denn die Fische und die Wassertiere wurden großteils vernichtet. Nur so neben nebenbei erwähnt, ist die Ischl bis zur Schöffaubach Mündung in diesen Bereich ein Laichschongebiet lt. Verordnung Nr. 66 von der O.Ö. Landesregierung.
Aber was soll es: „Fische schreien nicht“.
Fischaufstiege sind auch mit Schotter gefüllt
Quellen und weitere Informationen
Die Studie lt. nachfolgenden Link sollte man sich durchlesen ….
https://link.springer.com/article/10.1007/s00506-019-0560-6
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„Zitat von Friedrich von Schiller“