Frittierte Fische bekommt man an der Adria Küste fast in jedem Restaurant, nur die Zusammenstellung wechselt von Lokal zu Lokal. Sogar vielen Kindern, die Fisch sonst oft nur in Form von Fischstäbchen mögen, schmecken die frittierten Fischchen. Daher habe ich mit einer Initiative mit Rotaugen, diese für Fritto Misto zu verwenden, einen nachhaltigen Selbstversuch gestartet. Rotaugen sind bei uns als Speisefisch total unterschätzt, dabei bieten sie ein zartes, mildes Fleisch, das sich hervorragend für die frittierte Zubereitung eignet. In Italien wird Fritto Misto oft mit kleinen Fischen wie kleine Sardellen (alici) oder Ähren (latterini) zubereitet – bei uns passen hier Rotaugen perfekt ins Rezept.
Die Auswirkungen der Klimaerwärmung sind in unseren heimischen Gewässern unübersehbar. Während viele Fischarten unter den steigenden Temperaturen und veränderten Bedingungen leiden, gibt es auch einige Profiteure. Diese wärmetoleranten Generalisten finden in den wärmeren Gewässern und den sich ändernden Umweltbedingungen optimale Lebensbedingungen und könnten sich überproportional vermehren. Dies bietet nicht nur eine ökologische Verschiebung, sondern auch interessante Möglichkeiten für die kulinarische Nutzung.
Ein Gewinner und ihre kulinarische Perspektive

Rotaugen sind zwar grätenreich, aber ihr Fleisch ist schmackhaft. Traditionell werden sie oft geräuchert oder zu Fischfrikadellen bzw. -Küchlein verarbeitet, um die Grätenproblematik zu umgehen. Auch das Einlegen in Essig (marinierte Bratheringe-Art) ist eine gute Möglichkeit, da die Säure die Gräten weich macht. In Osteuropa werden sie auch häufig getrocknet und als Snack zu Bier gegessen.

Das Rotauge – Rutilus rutilus
Das Rotauge (Rutilus rutilus) wird explizit als eine Art genannt, die vom Klimawandel profitieren könnte. Es ist ein recht anspruchsloser Karpfenfisch, der in vielen Gewässertypen vorkommt.

Schonzeit: 1. April bis 31. Mai (Krautlaicher)
Brittelmaß: 12 cm
Was tun mit einem möglichen Überangebot?
Sollten sich diese Fischarten tatsächlich überproportional vermehren, ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, ein Überangebot sinnvoll und nachhaltig zu nutzen:
- Regionale Spezialitäten entwickeln: Köche und Gastronomen könnten innovative Gerichte und regionale Spezialitäten entwickeln, die diese Fischarten in den Mittelpunkt stellen. Dies fördert nicht die Wertschätzung für heimische Fische, sondern auch die regionale Wertschöpfung.
- Verarbeitete Produkte: Neben dem Frischfischverkauf könnten auch verarbeitete Produkte wie Fischwürste, Fischpasteten, Fischsaucen oder konservierte Fischprodukte (z.B. eingelegte Rotaugen) an Bedeutung gewinnen.
- Fischereiwirtschaftliche Anpassung: Fischer könnten sich auf den Fang dieser Arten spezialisieren und somit neue Einkommensquellen erschließen. Dies würde auch dazu beitragen, die Bestände im Gleichgewicht zu halten und eine Überpopulation zu verhindern.
- Informationskampagnen: Das Bewusstsein für die kulinarische Vielfalt und Qualität dieser Fische könnte durch Informationskampagnen und Kochkurse gesteigert werden.
Die Anpassung an die sich ändernden Bedingungen der Klimakrise erfordert auch ein Umdenken in der Nutzung unserer Ressourcen. Die verstärkte Beachtung und kulinarische Verwertung der Profiteure des Klimawandels könnte eine sinnvolle Strategie sein, um sowohl ökologischen als auch wirtschaftlichen Herausforderungen zu begegnen.
Eine kulinarische Variante – Fritto misto V1.0
Die Zubereitung ist nicht schwierig, aber für ein perfektes Ergebnis müssen ein paar einfache Schritte befolgt werden, angefangen natürlich mit dem Fisch, der absolut frisch und perfekt gesäubert sein muss. Dem klassischen Rezept folgend, haben ich Rotaugen in einer Größe von 12 bis 18 cm genommen, man kann je nach Verfügbarkeit auch Rotfedern, Lauben, Barsche, Barben oder Aitel verwenden.

Das Geheimnis für perfekt gebratene Rotaugen hängt sicher von der Temperatur des Öls ab, das auf 160 °C bis 170 °C erhitzt werden sollte, damit das Mehl, in dem der Fisch gewälzt wurde, eine knusprige Kruste an der Oberfläche formt, während im Inneren das Fischfleisch zart und saftig bleibt. Wir zeigen Ihnen Schritt für Schritt, wie sie ein richtig schön knuspriges und schmackhaftes Gericht mit Gemischtem Frittiertem zubereiten können!
Zutaten für 2 Personen
8 kleine geschröpfte Rotaugen, Salz, Zitronen schale, Zitronensaft, Pfeffer, reichlich fein gehackte Petersilie, reichlich fein gehackter Rosmarin, etwas Mehl, Olivenöl, Zitronenscheiben und Weißbrot zum Anrichten.
Zubereitung
Die Rotaugen entschuppen, ausnehmen und waschen, dann mit einem scharfen Messer in ca. 5 mm abständen „Schröpfen“. Die Rotaugen waschen und den Kopf und die Innereien entfernen. Alle Fische in eine Schale geben und 3%-igen Salzlacke mit 1% Zucker 30 Minuten „zum Entspannen“ einlegen .


Die Meisterlake für Fische lt. Lukas Nagl (*)
Wie schon in seinen Buch „Der Fischer und der Koch“ beschrieben, ist das vielleicht wichtigste Rezept für die Fischzubereitung: Das Einlegen der Fische in die „Meisterlake„, denn diese verbessert die Konsistenz und sorgt dafür, dass der Fisch später beim Garen saftiger bleibt. Vor allem Fische mit weichem Fleisch profitieren davon, es eignet sich aber für alle Fische.

Lukas Nagl hat dazu seine „Meisterlake“ entwickelt und diese ist ganz einfach zum Nachmachen. Zutaten sind 1 Liter Wasser, 30g Salz, 10 g Zucker. Zubereitung: Alles kalt verrühren, Salz und Zucker auflösen und den Fisch nach Wunsch im Ganzen oder als Filet kalt einlegen. Ein fingerdickes Filet etwa eine halbe Stunde ziehen lassen, ein dickes Stück bis zu 2 Stunden, Portionsfische im Ganzen ruhig 6 bis 8 Stunden. Danach den Fisch herausnehmen, trockentupfen und nach Wunsch weiterverarbeiten. Die Lake entfernen.
(*) Lukas Nagl, Restaurant Bootshaus, Traunkirchen am Traunsee, Österreich
Frittierte Rotaugen – fritto di pesce
Das Öl in einer Pfanne erhitzen. In der Zwischenzeit Mehl oder Hartweizengries auf einen Teller geben und die Fische gut darin wälzen. Sobald das Öl die richtige Temperatur erreicht hat, den Fisch hineinlegen und auf jeder Seite je nach Größe, etwa 3-4 Minuten braten. Es empfiehlt sich, immer nur einige Fische gleichzeitig zu braten, damit das Öl nicht zu stark abkühlt.
Panade mit Hartweizengries
„Panade“ bezieht sich umgangssprachlich auf eine Hülle für Speisen, die in der Fachsprache als Panierung bezeichnet wird und beispielsweise aus Mehl, Ei und Semmelbröseln besteht, sowie auf ein Bindemittel, das aus Brot, Mehl oder Reis und Flüssigkeit für Füllungen besteht.
Ein wesentliches Element von guten frittierten fritto di pesce ist die Panade:
Manche bevorzugen einen Teig aus Mehl und Eier, während andere einfach Mehl Typ 480er verwenden. Empfohlen wird in italienischen Rezepten, den Fisch in gemahlenen Hartweizengries zu tauchen und dies sehr schnell zu tun: Auf diese Weise wird der Grieß nicht matschig und der frittierte Fisch bleibt trocken und locker.

Das Frittierte muss nach allen Regeln der Kunst zubereitet werden, denn wenn es eine Wahrheit gibt, die ein Italiener schnell lernt, lautet sie: Es ist egal, was du frittierst, das Wichtige ist, wie du es machst.
Wenn der Fisch knusprig und goldbraun ist, aus der Pfanne nehmen und das überschüssige Öl abtropfen lassen. Dann auf saugendes Papier für Gebratenes legen. Mit Salz bestreuen, eine Stück Zitrone hinzufügen und noch sehr heiß servieren.


Vermerk(e)
Gräten
Bei Fritto di Pesce können die Gräten prinzipiell mitgegessen werden, wenn sie so klein und knusprig frittiert sind, dass man sie problemlos kauen und schlucken kann. Dies ist oft bei sehr kleinen Fischen der Fall, deren Gräten nach dem Frittieren nicht mehr stören. Da ich bei den kleinen Rotaugen durch das Schröpfen, die Gräten in kleine Teile zerlege, können diese bedenkenlos mitgegessen werden. Das Frittieren macht sie weich und knusprig, sodass sie bis auf größere Rückenrat-Gräten unbedenklich mitgegessen werden können.
Flossen abschneiden
Um das Verspeisen noch einfacher zu machen, empfehle ich die Rückenflosse und die Bauchflossen, bereits beim Putzen zu entfernen. Nur die Schwanzflosse bleibt.
Salzen
Denken Sie daran, das „fritto di pesce“ erst nach dem frittieren zu salzen, denn sonst verliert das Gericht an Biss und „croccantezza“!
Sonnenblumenöl
Der Geschmack von nativem Olivenöl extra ist sehr bitter und scharf, besonders wenn es zum Herausbraten verwendet wird. Da ich einen milderen Geschmack vorziehen, verwende ich lieber Sonnenblumenöl.
Wenn möglich von kaltgepressten Sonnenblumenkernen, damit entsteht natives, hellgelbes Sonnenblumenöl mit einem nussig Geschmack. Da Sonnenblumenöl zwar nur wenig wertvolle Omega-3 Fettsäuren liefert, besitzt es jedoch relativ hohen Gehalt an Vitamin E, das als Antioxidans freie Radikale abfängt. Generell empfiehlt sich aber eine Abwechslung im Speiseplan von verschiedenen Pflanzenölen um die verschiedenen Fettsäureprofile auszugleichen.
Servieren
Es passt gut zu Polenta, Bratkartoffel oder Weißbrot und als Beilage serviere ich einen frischen grünen Salat aus dem eigenen Garten, mariniert mit Oliven-Öl, Zitrone und Salz. Dadurch wird der Geschmack von gebratenem Fisch ausgewogen und macht ihn noch mehr zum Genuss.
Eine Symphonie guten Geschmacks, die einen in die italienischen Sphären des Genusses entführt. Was man in Italien liebt, muss man im Salzkammergut mit gebratene Rotaugen probieren, am besten selbst gefangen und auf italienische Art zubereitet.
Wildkultur-Fische

Rotaugen sind Wildfische, die direkt aus unseren Gewässern stammen und nicht in Aquakulturen gezüchtet werden.
Der Wert von Rotaugen als unverfälschtes Naturprodukt
Gerade weil Rotaugen nicht aus Zuchtbetrieben kommen, verkörpern sie ein unverfälschtes Naturprodukt. Das bedeutet:
- Reinheit und Natürlichkeit: Sie ernähren sich auf natürliche Weise in ihrem Lebensraum, was sich oft positiv auf ihren Geschmack und ihre Qualität auswirkt.
- Nachhaltige Nutzung: Wenn Rotaugen, die oft in unseren Seen und Flüssen häufig vorkommen, gezielt befischt und kulinarisch verwertet werden, trägt dies zu einer sinnvollen Ressourcennutzung bei und kann sogar dazu beitragen, das ökologische Gleichgewicht in bestimmten Gewässern zu erhalten.
- Regionale Wertschöpfung: Die Nutzung von heimischen Wildfischen wie Rotaugen stärkt die regionale Fischerei und bietet eine authentische, lokale Delikatesse.
Das Vorhaben, Rotaugen als Fritto Misto zuzubereiten, ist daher nicht nur eine kulinarische Bereicherung, sondern auch ein Plädoyer für die Wertschätzung und Nutzung unserer heimischen Süßwasserfische. Es ist wichtig, dass unverfälschte Naturprodukt auf diese Weise in den Fokus rücken!
Weitere Informationen

„Die besten Kochbücher sind jene, die man irgend wann nicht mehr braucht –
weil sie Wissen vermitteln, mit dem man ohne Rezept köstliches kochen kann. “
Zitat aus dem Kochbuch „Der Fischer und der Koch“ von Lukas Nagl