HYDROGRAFIE IN DER FISCHEREILICHEN GEWÄSSERBEWIRTSCHAFTUNG

Es gibt tatsächlich Fachleute, die sich auf die Vermessung von Gewässern spezialisieren. Diese nennt man Hydrografen. Der Unterschied zwischen einem Hydrografen und Kartografen (Landvermesser) liegt vor allem im Fokus ihrer Arbeit und den Daten, mit denen gearbeitet wird. Die sorgfältige Aufzeichnung von Daten und Veränderungen ist die Grundlage für eine fundierte Entscheidungsfindung und exakte Planung von Projekten.

Wichtige Parameter für Renaturierungsprojekte

Bei der exakten Planung von Renaturierungsprojekten, insbesondere im Hinblick auf die Einrichtung von Laichplätzen und die Wiederherstellung natürlicher Lebensräume, spielen folgende Parameter eine Schlüsselrolle:

  • Strömungsgeschwindigkeit: Eine optimale Strömungsgeschwindigkeit ist entscheidend für das Wohlbefinden aquatischer Organismen, die Selbstreinigung des Gewässers und die Vermeidung von Verlandung. Für viele Fischarten, wie z.B. kieslaichende Salmoniden (Forellen, Äschen), ist eine spezifische, sauerstoffreiche Anströmung des Laichkieses notwendig.
Eine optimale Strömungsgeschwindigkeit ist entscheidend ob ein Laichplatz von der Äsche angenommen wir oder nicht. Die optimale Strömungsgeschwindigkeit für Äschen-Laichplätze liegt typischerweise in einem Bereich von 0,4 bis 0,75 m/s an der Sohle der überströmten Kiesbank.
Referenzdaten

Wasserstand und Wassertemperatur sind entscheidende Parameter für den Erfolg von Äschen-Laichplätzen und müssen bei Renaturierungsprojekten sorgfältig berücksichtigt werden. Die Äschen suchen flache, überströmte Kiesbänke (Riffles) oder den Übergang von tiefen zu flachen Bereichen (Pools zu Riffles). Typisch sind Tiefen von 20 bis 60 cm. Die Gestaltung der Laichbänke muss so erfolgen, dass die Wassertiefe zur typischen Laichzeit (März–Mai) im Bereich von 20 cm bis 60 cm liegt und gleichzeitig Flachwasser-Rückzugsräume für die Brut vorhanden sind. Schwankungen des Wasserstands durch Hoch- oder Niedrigwasser müssen dabei beachtet werden, um ein Trockenfallen oder eine Überflutung der Laichbänke während der Eientwicklung zu vermeiden.

  • Laichplätze: Die Äschen wählen schnell durchströmte, flache Gewässerstrecken (sogenannte Riffles oder Furten) mit kiesigem Substrat (Mittel- bis Grobkies, z.B. 6,3 bis 63 mm), da die Strömung das Kieslückensystem sauber hält. Geschwindigkeiten von 0,4 m/s oder höher sind häufig gemessen worden. Einige Studien nennen einen breiteren Bereich von 0,2 bis 0,9 m/s als geeignet für laichende Fische.
  • Eientwicklung: Eine Strömungsgeschwindigkeit von mehr als 0,3 m/s über dem Kiesbett ist notwendig, um die Sedimentation von Feinsand und organischen Partikeln zu verhindern. Saubere, gut durchströmte Kiese sichern eine ausreichende Sauerstoffversorgung der Eier und Larven im Kieslückensystem.
  • Wassertiefe: Die korrekte Wassertiefe beeinflusst die Temperatur, den Lichteinfall und bietet Schutz. Insbesondere Laichplätze müssen oft eine Mindesttiefe aufweisen, um vor Austrocknung oder Frost geschützt zu sein.
  • Larven und Jungfische: Nach dem Schlupf sind die Larven und Jungfische sehr empfindlich gegen starke Strömungen und suchen seichte, strömungsberuhigte Uferbereiche auf. Hier finden sich oft geringere Fließgeschwindigkeiten (z.B. 0,1 bis 0,2 m/s). Mit zunehmender Größe und Schwimmfähigkeit wechseln juvenile Äschen dann in schnellere Bereiche mit optimalen Fließgeschwindigkeiten von ca. 0,2 bis 0,6 m/s.
Die Äsche ist ein rheophiler Fisch (strömungsliebend), der saubere, kühle und sauerstoffreiche Gewässer benötigt und in der nach ihr benannten Äschenregion von Fließgewässern beheimatet ist.
  • Geländeinformationen (Topografie/Bathymetrie): Die genaue Aufnahme des Geländes und der Gewässersohle (Bathymetrie) ist notwendig, um die neue Gewässerführung, Böschungsneigung und die Dimensionierung von Strukturen (wie Rauschen oder Buhnen) festzulegen.
Die Rohdaten einer Vermessung vom Steegwirt Fluder in Bad Goisern

Zusammenfassend: Die detaillierte, multidisziplinäre Datenerfassung – von der Topografie über die Hydrografie bis hin zur Biologie – ist der erste und wichtigste Schritt für erfolgreiche, nachhaltige Gewässerrenaturierungs-Projekte.

Hydrografische Vermessungen

Unser Revier-Hydrologe Harald beim Einrichten per GPS von den Referenzpunkten.
GPS-Positionierung

Diese beinhaltet also die Erfassung und Darstellung von Gewässern, insbesondere:

  • Tiefenmessungen (Bathymetrie): Erstellung von Tiefenprofilen und Karten des Gewässerbodens.
  • Strömungsmessungen: Analyse von Fließgeschwindigkeiten und -richtungen.
  • Sedimentanalysen: Untersuchung des Bodens und der Sedimentzusammensetzung.
  • Wasserstandsmessungen: Erfassung von Pegelständen und deren Veränderungen.
  • Gewässerprofilierung: Erstellung von Quer- und Längsprofilen von Flüssen, Seen oder Küstenbereichen.
Typisches Querprofil eines Flusses, wie es bei einer hydrografischen Vermessung erstellt wird.

Verwendete Technologien

Helfer bei der Vermessung.
  • Echolot (Single- oder Multibeam)
  • GPS/GNSS für präzise Positionierung
  • Sonare, Drohnen, Unterwasserfahrzeuge (ROVs)
  • GIS-Systeme zur Kartenerstellung
  • Pegel- und Wassertepmperatur
Harald beim Einrichten der Referenzpunkte.

Laut dem Fischereiverband Österreich ist die Gewässerbewirtschaftung ein zentraler Bestandteil der fischereilichen Praxis. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) fordert eine flussgebietsbezogene Planung, die auf einem integrierten Ansatz basiert. Dabei spielen hydrografische Daten eine Schlüsselrolle: [fischerei-verband.at]

Anwendungen

  • Erhebung von Längs- und Querprofilen zur Beurteilung der Gewässerstruktur.
  • Bewertung der Durchgängigkeit für Fische (z. B. bei Querbauwerken).
  • Monitoring von Sedimentverlagerungen, die Laichplätze beeinflussen können.
  • Planung von Renaturierungsmaßnahmen zur Verbesserung der Lebensräume.

Diese Daten fließen in die Nationalen Gewässerbewirtschaftungspläne (NGP) ein, die Ziele und Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Gewässerqualität definieren.

Technische Standards zur Vermessung von Fließgewässern

Ein umfassendes Dokument des BAFU (Bundesamt für Umwelt, Schweiz) beschreibt detailliert die Methoden zur Erfassung von Längs- und Querprofilen in Fließgewässern – eine Grundlage für fischereiliche und ökologische Bewertungen. [bafu.admin.ch]

Inhalte des Standards

  • Linienhafte Messverfahren: z. B. Querprofile alle 50–100 m, mit Erfassung von Sohlentiefe, Uferstruktur, Substrattyp.
  • Flächenhafte Messverfahren: z. B. mit Drohnen, Laserscanning oder photogrammetrischen Methoden.
  • Erfassungsobjekte:
    • Gerinnequerschnitte
    • Sohlen- und Uferstruktur
    • Brücken, Schwellen, Buhnen
    • Lichtraumprofile (z. B. für Fischwanderung)
  • Datenverarbeitung:
    • Erstellung von Querprofilplänen und Längsprofilen
    • Berechnung der mittleren Sohlenlage, Sohlbreite, Fließgeschwindigkeit
  • Qualitätssicherung: Genauigkeitsanforderungen, Dokumentation, Fotos, Orthofotos

Diese Daten sind essenziell für:

  • Fischökologische Habitatmodellierung
  • Bewertung der Fischpassierbarkeit
  • Planung von Fischaufstiegshilfen
  • Monitoring von Renaturierungsmaßnahmen

Fazit

Die Erfassung von Längs- und Querprofilen ist ein zentrales Werkzeug in der fischereilichen Gewässerbewirtschaftung. Sie liefert die hydromorphologischen Grundlagen, um in weiterer Folge Lebensräume zu bewerten, die Durchgängigkeit zu analysieren und Maßnahmen zur Verbesserung der Fischlebensräume zu planen.

Weitere Informationen

Wie wichtig es ist, dass wir Fischer am Wasser sind und zu allen Jahreszeiten die Ereignisse am Wasser beobachten, zeigen die laufenden Ereignisse, wie zum Beispiel die Hochwässer, die den Lauf und die Strukturen in unseren Gewässern stark verändern, aber auch die Niederwasserperioden, die Eintiefungen aufzeigen helfen und Schotterbänke und alte Wehranlagen freilegen. Beobachten ist das eine, aufzeichnen und dokumentieren ist das andere. Beides ist wichtig, denn man vergisst sehr rasch wichtige Daten und vor allem die Dokumentation von Veränderungen ist ein wichtiger Beitrag für Entscheidungen bei Renaturierungsmaßnahmen. Wobei gerade die Hydrografie und die Profilvermessungen von Gewässern zu den komplexeren Aufgaben zählen.
Das online zur Verfügung stehende Handbuch ist eines der Produkte und bildet die Grundlagen zu Planung, Bau und Wirkungskontrollen von Strukturierungsmaßnahmen. Von Fachexperten wurden dazu verschiedene Kapitel verfasst. U.a. enthält das Handbuch Grundlagen zu den ökologischen Zielen, den Lebensräumen, resp. Mesohabitaten und zu Fragen der Sicherheit. Mit seinen Inhalten richtet sich das Handbuch an alle, die sich mit Strukturierungsmaßnahmen im Wasserbau beschäftigen.
Durch diese Revitalisierung der Alten Traun – wird nicht nur im unmittelbaren Renaturierungsabschnitt die gewässerökologische Vielfalt durch die Schaffung von natürlichen Strukturen und das Einbringen von einer Kiessohle für Kieslaicher wie Äsche und Forelle erhöht. Solche Aufweitungen stellten auch ein wichtiges Rückzugshabitat im Hochwasserfall und einen Jungfischhort für einen weit größeren Gewässerabschnitt dar.
Nebst der Wichtigkeit von Unterständen und der Schaffung von Laichplätzen werden auch bisher in der Revitalisierungsdiskussion weniger beachtete Details beleuchtet. So wird gezeigt, wie mit dem Einbringen von Strohsäcken die Menge an Makrozoobenthos, darunter das aktuelle Tier des Jahres, der Bachflohkrebs, punktuell massiv gesteigert und Jungfischen so ein regelrechtes Schlaraffenland geschaffen werden kann. Auch wie eine richtige Einmündung eines Nebenbachs auszusehen hat, wird anschaulich erklärt. Und ebenso wird die sich stetig verschärfende Problematik von tendenziell weniger Niederschlägen und immer häufiger auftretendem Starkregen sowie die allgemeine Erwärmung eingehend behandelt. Es wird beispielsweise detailliert dokumentiert, welchen Einfluss Steine und fehlende Beschattung auf die Wassertemperatur haben oder welche Gefahren von einem starken Algenwachstum ausgehen.
Der Steeg Wirt Fluder ist zur Äschen Laichzeit ein beliebtes Laichhabitat, welches in Abstimmung mit den Grundstückseigentümer Fritz Grampelhuber und dem Bewirtschafter Peter Oberwimmer verschönert und als Laichplatz und als Jungfisch Kinderstube für Äschen laufend überwacht wird. Auch für Äschen, als „Kieslaicher“ gilt: „Wie man sich bettet, so liegt man“, sagt der Volksmund. Doch wie soll man sich betten, um richtig zu liegen? Diese Frage hat schon viele Experten beschäftigt. Es kann aber kein ideales Bett für alle Schläfer geben, denn jeder Mensch braucht abhängig von seinem Körpergewicht und seinen Schlafgewohnheiten sein „eigenes“ Bett. Auf die Äsche umgelegt, heißt es: „Je besser der Laichplatz, umso mehr Eigenreproduktion wird es geben“.
 

„Revitalisieren ist Erfahrungssache mit hoher Empathie zur Natur.“

Zitat von: Roland Herrigel