Mit zunehmendem organisatorischem und technischem Vermögen prägten Menschen immer stärker Flüsse und Flusslandschaften. Stand seit der Industrialisierung die technische Nutzbarmachung des Gewässers im Vordergrund, so lässt sich seit wenigen Jahrzehnten ein deutlicher Umschwung im Wasserbau erkennen. Vermehrt wird bei flussbaulichen Eingriffen ökologischen Gesichtspunkten Gewicht beigemessen. Unter dem Leitbild der „Naturnähe“ werden heute alte ingenieurtechnische ‚Fehler’ mit hohem Aufwand wieder ausgeglichen.
Kunstrichtungen betreffen nicht nur Architektur, Bildhauerei und Malerei, sondern auch Musik, Literatur, Philosophie und auch im Wasserbau kann man parallelen zu unterschiedlichen Epochen der Kunstgeschichte finden. So fallen mir unter „Barock“ und diese auf den Wasserbau übertragen, durchaus typisches Gewässerabschnitte mit einer Tendenz zum natürlichen Gesamtkunstwerk ein. Barocke Bäche, zumeist natürlich gewachsen, aber auch durchaus durch Renaturierungsprojekte strukturiert geschaffen, sollten einen gemeinsamen Zug haben und harmonische Ensembles im Bachverlauf bilden.
Als ein Beispiel für den „barocken Wasserbau“ möchte ich den unteren Teil des Kaltenbach im Bereich vom Sisi-Park in Bad Ischl vorstellen.
Zeitgeist im Wasserbau
Um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Gestalt und Funktion der Wassebaustile (Kunstrichtungen) „Massivwasserbau“ vs. „Naturnaher Wasserbau“ heraus zuarbeiten, zeigen sich erhebliche Unterschiede in der jeweiligen Gestalt von Wasserbautechnik.
Ein Unterscheidungsmerkmal der beiden Wasserbaustile besteht in ihrer – vorhandenen oder fehlenden – ökologischen Ausrichtung: Während Naturnaher Wasserbau ein diffuses ökologisch-naturnahes Ziel verfolgt, erfüllt Massivwasserbau ausschließlich gesellschaftliche Funktionen.
Betrachtet man die einzelnen Motive, so steht im Naturnahen Wasserbau beispielsweise eine schöpferischen und bewegenden Natur im Vordergrund, wo hingegen im Massivwasserbau vielmehr der Mensch als zentrales bewegendes Moment angesehen wird. Hierbei zeigt sich im naturnahen Wasserbau stark aristotelisches Gedankengut, wobei im Massivwasserbau eher platonisch Auffassungen fortgeführt werden. Geht der Naturnahe Wasserbau von einer vollkommenen Natur aus, welcher es nachzustreben gilt, so wird im Massivwasserbau Natur als unvollkommen erachtet. Diese gilt es zu verbessern und in Ordnung zu setzen. Zeigt sich hier der Mensch als Krone der Schöpfung, so im Naturnahen Wasserbau als ökologisches Mängelwesen, das Natur in ihrer Entwicklung behindert, bestenfalls aber zu unterstützen sucht. Tauchen im Massivwasserbau Vorstellungen einer machina mundi auf, so lässt sich im Naturnahen Wasserbau vielmehr die Ansicht einer systema mundi finden. So wird beispielsweise der ausgebaute Fluss im Massivwasserbau generell als Maschine betrachtet, wohingegen im naturnahen Wasserbau Gewässer eher als Organismus und Individuen angesehen und beschrieben werden. Die in den Wasserbaustilen je vorfindlichen Verständnisse korrelieren dabei konsistent mit den jeweiligen Naturauffassungen.
Nachkriegsmoderne
In diesen Artikel, möchte ich mich der hohe Ingenieursleistung im Wasserbau widmen und den vielen Bächen die in ein monotones Trapezprofil gepresst und teils, bzw. leider oft, mit gepflasterten Böden ausgekleidet wurden. Sie haben alle eines gemeinsam: Einen symmetrischen Baustiel der geometrische, trapezförmige Uferflanken aufweist. Es ist eine Gewässerbauform die sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stark ausgebreitet hat – als eine Art „Nachkriegsmoderne“ wurde auf unsere Gewässer eingewirkt, mit einer Ausprägung die der Kunstrichtung „Brutalismus“ entspricht, denn französischen Begriff béton brut „roher Beton“, mit sichtbar belassenen Beton geprägt. Leider eine gerade im Wasserbau auch heute noch sehr verbreitete „Kunstrichtung“. Nachfolgend ein paar Beispiel um meinen Vergleich zwischen Kunstrichtung und Wasserbau zu verdeutlichen.
Ischl Zubringer
In Verbindung mit Wasserbau und Kunst erscheint die Beschäftigung mit Weltbildern zunächst ungewöhnlich. Nicht zuletzt deshalb bedarf sie einer Fundierung, in der auch die Zusammenhänge von Weltbild und Kunst herausgearbeitet werden. So erlaube ich mir mit Rückgriff auf Kunst, Philosophie, Erkenntnistheorie und Techniksoziologie meinen eigenen Vergleich zu definieren.
Hier ein Beispiel eines Ischl-Zubringer, der in einem Trapezprofil verbaut wurde. Bei diesen ist zumindest der Boden noch Schotterbedeckt und bietet dadurch den Zoobentos etwas Lebensraum.Betonierte, für Koppe und Elritze unüberwindbare Hindernisse. Durch die starke Verschotterung, läuft das Wasser bei Niederwasser unterirdisch weg.Hier ein Musterbeispiel des „Brutalismus“ im Wasserbau, trapezförmig, geradlinig und mit betonierten Bachbett. Eine sehr verbreitete und beliebte Bauform, gerade bei kleineren Bächen, mit dem Ziel das Wasser so rasch wie möglich Abzuleiten.Hartverbaute Mauer mit betonierter Rausche und möglichst so gebaut, dass auch kein Fischaufstieg mehr möglich ist. Leider eine Bauform, die bei bei sehr vielen Zubringerbächen vorhanden ist Ein Wiesenbach, wie er eigentlich nicht sein sollte. Er dient nur einen Zweck, der möglichst raschen WasserableitungEin Bach, ein Zubringer zur Ischl, der eigentlich ein Laichplatz für Bachforellen sein sollte und ein Jungfisch-Habitat. Ein betoniertes Bachbett ist dazu leider nicht geeignet und es werden auch kaum Insektenlarven in diesen sterilen Gerinne einen Lebensraum finden. Selbiger Bach etwas weiter unterhalb.
„Natur“ wird im Massivwasserbau als Gegenstand aufgefasst, denn man nutzen kann und vor dem man sich zu schützen hat. Zumeist ist die Argumentation für solche Massivwasserbau-Einbauten auch der „Schutz von Menschenleben“ und es geht darum Wasser (das Problem) so rasch wie möglich an die „Unterlieger“ weiter zu leiten. Heute sind durchaus des Öfteren „leichte“ Defizite in ökozentrischen Argumentationen herauszuhören und im heutigen (naturnahen) Umgang mit Gewässern lassen sich über diesen sich vollziehenden Weltbildwechsel erahnen. Nach dem Motto „steht der Tropfen höhlt den Stein“, arbeitet der Zeitgeist in die richtige Richtung.
Ein Werkskanal und Wasserzubringer für ein Kraftwerk. Auch hart verbaut mit betonierter Sohle. Hier finden durchaus ein paar Fische ihren Lebensraum. Wenn eine kleine Nische im Mauerwerk oder am Boden einen Unterstand bietet, wird diese von einen Fisch besetzt.
Frauenweißenbach-Gimpbach
Geschiebesperren unterbrechen die Durchgängigkeit, sammeln den Schotter und dadurch versickert sehr oft, oberhalb von diesen das Bachbett im Schotter.
Kößlbach
Teils wurden hier Imposante Bauwerke in die Oberläufe unserer Bäche gebaut. Hohe Querbauwerke verhindern einen Fischzug nach oben.Oft sind es eine Reihe von aufgefädelten Querbauwerken.
Weissenbachtal
Mit solchen „Rauschen“ kann sich nicht einmal ein Kolk bilden um zumindest punktuelle Standplätze für die Bachforelle auszuspülen. Oft sind die Einbauten auch weit weg von jeglicher Zivilisation und es gesteht auch keine Gefahr für Menschenleben. Da bleibt der Eindruck, dass der Kunstrichtung „Brutalismus“ mit „rohen Beton in Kombination mit Flussbausteinen“, immer noch gerne Verwendung findet. Ein aktuelles Beispiel der Wasserbaukunst mit „Trapezprofil“, soweit das Auge reicht.Geradliniges, trapezförmiges Bachbett, mit ein paar Querbauwerken. Als Laie bin ich mir nie sicher, ob man diese Querbauwerke wirklich braucht.
Goiserer Weissenbach
Im unteren Teil, bevor der Goiserer Weissenbach mit wenig „Restwasser“ in die Traun mündet.Es gibt kaum einen Bach, der nicht durch zig Querbauwerke unterbrochen wurde.
Strobler Weissenbach
„Schwarzbauten“ im Strobler Weissenbach, nach der Entleerung des Geschiebe über die „Welle“.
Unterer Radaubach
Der Untere Radaubach, vor der Mündung in die Ischl ist ein architektonisches Kunstwerk – im Hintergrund die Kirche von Pfandl und der Gipfel vom Leonsberg und im Vordergrund der hart verbaute Radaubach.
Flussbau in der Nachkriegszeit
Die Begradigungen der Vergangenheit wird man schwer wegbekommen.Auch viele kleine Bäche, Gerinne und Entwässerungsgräben wurden verrohrt, dränagiert und zugeschüttet. Anno 1950: Der trapezförmige Baustiel, möglichst ohne Uferbepflanzung um eine Beschattung und Verklausungen zu vermeiden und das Wasser so schnell wie möglich abzutransportieren, war das Ziel.Anno 2020: Es sind durchaus noch parallelen im trapezförmige Baustiel
Die Traun bildete ab dem Spätmittelalter das Rückgrat für die wirtschaftliche Entwicklung des Salzkammerguts. Auf ihr transportierten die Schiffer das Salz zu den Absatzmärkten, auf ihren Zubringern gelangte das getriftete Holz zu den Sudhäusern. Im Salzkammergut waren die Bedingungen für die Produktion und den Handel von Salz nicht einfach, da die Holzvorräte stark limitiert und der Transport auf der Traun alles andere als einfach waren.
Bei der Dammentfernung handelt es sich um den Prozess, bei dem ein Damm – ein Hindernis, ein Querbauwerk im Fluss oder im Bach, abgerissen wird und dem Bach freien Lauf gegeben wird. Die Zahl der Dammrückbauten ist in den letzten Jahren ist stark gestiegen, was zum Teil auf Schäden und hohe Wartungskosten zurückzuführen ist. Auch bei uns gibt es zig veraltete Geschieberückhaltesperren, Querbauwerke und Hindernisse in unseren Fließgewässern, die älter als 50 Jahre sind und in einer Zeit gebaut wurden, wo man es nicht anders wusste.
Roland Herrigels ist es gelungen, auf sein erstes Buch „Tatort Bach“ noch eine Steigerung drauf zu setzen und konnte mit dem „Revitalisierungsbuch“ auf den Erfolg von «Tatort Bach» aufbauen.
Gewässernutzung, Gewässerschutz und nachhaltige ökologische Gewässerbewirtschaftung sind komplexe Themen. Um hier zu optimalen Ergebnissen für die Fische zu gelangen ist die Zusammenarbeit und Kooperation mit verschiedensten Gruppen und Institutionen erforderlich, um zu einer optimalen Gewässer – Bewirtschaftung zu kommen. Angefangen beim Fischereirechtinhaber – in der Regel als Angelverein organisiert, gibt es viele Rahmenbedingungen und Gesetze die es zu beachten gilt und es ist mit vielen Institutionen, Behörden und auch mit der Wissenschaft zu kooperieren.
Die funktionelle Vernetzung von Flussgebieten spielt eine wichtige Rolle für aquatische und terrestrische Lebensgemeinschaften. Sie erlaubt eine Besiedlung der Habitate, den genetischen Austausch zwischen Populationen und führt zu einer zeitlichen Verknüpfung der Lebensräume zu unterschiedlichen Jahreszeiten, Tageszeiten oder Lebensphasen. Dazu wollte ich mir ein Bild der Ischl Zubringer verschaffen. Auf der einen Seite wurde in den letzten Jahren viel öffentliches Geld in die Durchgängigkeit der Ischl investiert. Zur Durchgängigkeit von Gewässer Systemen gehören jedoch auch die Anbindung der Zubringerbäche. Im Zuge einer Erstellung eines fischereilichen Bewirtschaftungsplanes, sind diese ein wichtiger Faktor und daher eine aktuelle Situationsaufnahme.Artikel ist in Arbeit
Wer von Ihnen verweilt nicht lieber bei der geistreichen Unordnung einer natürlichen Flusslandschaft
als bei der geistlosen Regelmäßigkeit eines begradigten Gerinnes?“.