BRUTALISMUS

Kunstrichtungen betreffen nicht nur Architektur, Bildhauerei und Malerei, sondern auch Musik, Literatur, Philosophie und auch im Wasserbau kann man parallelen zu unterschiedlichen Epochen der Kunstgeschichte finden. So fallen mir unter „Barock“ und diese auf den Wasserbau übertragen, durchaus typisches Gewässerabschnitte mit einer Tendenz zum natürlichen Gesamtkunstwerk ein. Barocke Bäche, zumeist natürlich gewachsen, aber auch durchaus durch Renaturierungsprojekte strukturiert geschaffen, sollten einen gemeinsamen Zug haben und harmonische Ensembles im Bachverlauf bilden.

Als ein Beispiel für den „barocken Wasserbau“ möchte ich den unteren Teil des Kaltenbach im Bereich vom Sisi-Park in Bad Ischl vorstellen.

Nachkriegsmoderne

In diesen Artikel, möchte ich mich der hohe Ingenieursleistung im Wasserbau widmen und den vielen Bächen die in ein monotones Trapezprofil gepresst und teils, bzw. leider oft, mit gepflasterten Böden ausgekleidet wurden. Sie haben alle eines gemeinsam: Einen symmetrischen Baustiel der geometrische, trapezförmige Uferflanken aufweist. Es ist eine Gewässerbauform die sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stark ausgebreitet hat – als eine Art „Nachkriegsmoderne“ wurde auf unsere Gewässer eingewirkt, mit einer Ausprägung die der Kunstrichtung „Brutalismus“ entspricht, denn französischen Begriff béton brut „roher Beton“, mit sichtbar belassenen Beton geprägt. Leider eine gerade im Wasserbau auch heute noch sehr verbreitete „Kunstrichtung“. Nachfolgend ein paar Beispiel um meinen Vergleich zwischen Kunstrichtung und Wasserbau zu verdeutlichen.

Ischl Zubringer

Hier ein Beispiel eines Ischl-Zubringer, der in einem Trapezprofil verbaut wurde. Bei diesen ist zumindest der Boden noch Schotterbedeckt und bietet dadurch den Zoobentos etwas Lebensraum.
Betonierte, für Koppe und Elritze unüberwindbare Hindernisse. Durch die starke Verschotterung, läuft das Wasser bei Niederwasser unterirdisch weg.
Hier ein Musterbeispiel des „Brutalismus“ im Wasserbau, trapezförmig, geradlinig und mit betonierten Bachbett. Eine sehr verbreitete und beliebte Bauform, gerade bei kleineren Bächen, mit dem Ziel das Wasser so rasch wie möglich Abzuleiten.
Hartverbaute Mauer mit betonierter Rausche und möglichst so gebaut, dass auch kein Fischaufstieg mehr möglich ist. Leider eine Bauform, die bei bei sehr vielen Zubringerbächen vorhanden ist
Ein Wiesenbach, wie er eigentlich nicht sein sollte. Er dient nur einen Zweck, der möglichst raschen Wasserableitung
Ein Bach, ein Zubringer zur Ischl, der eigentlich ein Laichplatz für Bachforellen sein sollte und ein Jungfisch-Habitat. Ein betoniertes Bachbett ist dazu leider nicht geeignet und es werden auch kaum Insektenlarven in diesen sterilen Gerinne einen Lebensraum finden.
Selbiger Bach etwas weiter unterhalb.
Ein Werkskanal und Wasserzubringer für ein Kraftwerk. Auch hart verbaut mit betonierter Sohle. Hier finden durchaus ein paar Fische ihren Lebensraum. Wenn eine kleine Nische im Mauerwerk oder am Boden einen Unterstand bietet, wird diese von einen Fisch besetzt.

Frauenweißenbach-Gimpbach

Geschiebesperren unterbrechen die Durchgängigkeit, sammeln den Schotter und dadurch versickert sehr oft, oberhalb von diesen das Bachbett im Schotter.

Kößlbach

Teils wurden hier Imposante Bauwerke in die Oberläufe unserer Bäche gebaut.
Hohe Querbauwerke verhindern einen Fischzug nach oben.
Oft sind es eine Reihe von aufgefädelten Querbauwerken.

Weissenbachtal

Mit solchen „Rauschen“ kann sich nicht einmal ein Kolk bilden um zumindest punktuelle Standplätze für die Bachforelle auszuspülen.
Oft sind die Einbauten auch weit weg von jeglicher Zivilisation und es gesteht auch keine Gefahr für Menschenleben. Da bleibt der Eindruck, dass der Kunstrichtung „Brutalismus“ mit „rohen Beton in Kombination mit Flussbausteinen“, immer noch gerne Verwendung findet.
Ein aktuelles Beispiel der Wasserbaukunst mit „Trapezprofil“, soweit das Auge reicht.
Geradliniges, trapezförmiges Bachbett, mit ein paar Querbauwerken.
Als Laie bin ich mir nie sicher, ob man diese Querbauwerke wirklich braucht.

Goiserer Weissenbach

Im unteren Teil, bevor der Goiserer Weissenbach mit wenig „Restwasser“ in die Traun mündet.
Es gibt kaum einen Bach, der nicht durch zig Querbauwerke unterbrochen wurde.

Strobler Weissenbach

„Schwarzbauten“ im Strobler Weissenbach, nach der Entleerung des Geschiebe über die „Welle“.

Flussbau in der Nachkriegszeit

Die Begradigungen der Vergangenheit wird man schwer wegbekommen.
Auch viele kleine Bäche, Gerinne und Entwässerungsgräben wurden verrohrt, dränagiert und zugeschüttet.
Anno 1950: Der trapezförmige Baustiel, möglichst ohne Uferbepflanzung um eine Beschattung und Verklausungen zu vermeiden und das Wasser so schnell wie möglich abzutransportieren, war das Ziel.
Anno 2020: Es sind durchaus noch parallelen im trapezförmige Baustiel

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Wer von Ihnen verweilt nicht lieber bei der geistreichen Unordnung einer natürlichen Flusslandschaft

als bei der geistlosen Regelmäßigkeit eines begradigten Gerinnes?“.

Zitat von Friedrich von Schiller, 1793